„Mama, Papa, bitte erzählt uns noch eine Geschichte“, betteln unsere Kinder jeden Abend vor dem Einschlafen. Es ist ja auch so gemütlich, sich in der Dunkelheit unter den Leuchtsternen noch einmal an die Eltern zu kuscheln und einer selbst ausgedachten Gute-Nacht-Geschichte zu lauschen. Nebenbei stärkt es die Eltern-Kind-Bindung, wenn ihr gemeinsam auf Fantasiereise geht. Doch oftmals fehlen einem als Mutter oder Vater nach einem langen Tag die Ideen für eine gute Story. Oder man setzt sich mit dem eigenen Anspruch an ein hollywoodreifes Drehbuch unter Druck. Dabei braucht es gar nicht viel, um eine gute Einschlafgeschichte für Kinder zu erzählen.
Wir verraten euch Tricks, wie es mit dem Geschichten erzählen ganz einfach klappt. Und wer weiß – vielleicht entsteht dabei am Ende sogar eine gute Idee für ein Kinderbuch?
1. Erweckt Spielzeug zum Leben
Die größte Herausforderung beim Geschichten erzählen ist oftmals der Start. Man braucht eine zündende Idee oder eine spannende Figur, auf der man die Handlung aufbauen kann. Dafür reicht schon ein Gegenstand aus dem Kinderzimmer, der in eurer Geschichte plötzlich lebendig wird.
Vielleicht erwacht die Kuscheltierkatze eures Kindes in der Story plötzlich zum Leben und nimmt es mit auf einen Ausflug über die Dächer der Stadt? Im Mondlicht sieht alles ganz anders aus. Die Kita, der Spielplatz und der Park. Überlegt gemeinsam, welche Tiere in der Nacht noch wach sind – die Eule, der Igel, die Fledermaus. Nachdem ihr sie alle besucht habt, reist das Kind in eurer Geschichte wieder zurück ins warme Bett.
Oder die Ritter aus eurer Playmobilburg liefern sich um Mitternacht ein Duell. Die anderen Spielzeuge feuern sie an, die Puppe, der Hund und der Teddybär. Der Gewinner bekommt die letzte Gummibärchentüte aus dem Vorratsschrank und teilt sie mit den anderen.
2. Dichtet Alltagserlebnisse um
Alternativ könnt ihr auch ein Ereignis eures Tages aufgreifen, wie den Spielplatzbesuch am Nachmittag. Beginnt zunächst, das reale Erlebnis nachzuerzählen und lasst dann eurer Fantasie freien Lauf. Vielleicht buddelt euer Kind in eurer Geschichte in der Sandkiste eine alte Schatzkiste aus? Der Schlüssel fehlt, doch nach mehreren Versuchen könnt ihr die Truhe schließlich öffnen. Stellt euch vor, welche Schätze darin liegen – alte Silbermünzen, Juwelen, wie fühlen sie sich an? Auch ein magischer Ring ist dabei, der eurem Kind einen Wunsch erfüllt.
Oder ein Wind kommt auf und lässt den Drachen, den es steigen ließ, plötzlich mit eurem Kind davonfliegen? Nach einem Rundflug über die Stadt landet es ausgerechnet im Zoo. Dort kann es den Tieren beim Schlafen zuschauen, dem Löwen, dem Zebra und dem Affen, wie sie alle gaaanz müde werden.
3. Erfindet eine Serie
Es kann eine Herausforderung sein, jeden Abend eine neue Idee zu entwickeln. Aber keine Bange, aus einem Thema, einem Schauplatz oder einer Figur könnt ihr bereits Inspiration für eine ganze Serie an Geschichten ziehen.
Habt ihr erstmal eine gute Figur erfunden, könnt ihr sie jeden Abend in ein neues Abenteuer schicken. Zum Beispiel ein freundliches Reh, das jeden Tag ein neues Tier im Wald besucht, um ihm bei einem Problem zu helfen. Das Eichhörnchen kann seine Nüsse nicht finden, der Igel sucht einen Schlafplatz für den Winter. Die Eule kann nicht einschlafen, weil es am Tag so laut ist und der Fuchs ist wasserscheu. Überlegt gemeinsam, wie das Reh den Tieren helfen kann. Dabei lernt euer Kind auch lösungsorientiertes Denken und Empathie. Am Ende ist das Problem gelöst und alle Tiere in der Geschichte gehen glücklich zu Bett.
Tipp: Nach diesem Schema baust du eine gute Geschichte auf
- Einleitung: Beschreibe die Figuren und den Schauplatz, an dem die Geschichte spielt. Wirf am Anfang der Geschichte eine Frage oder ein Problem auf, um Spannung zu erzeugen.
- Hauptteil: Die Hauptfigur versucht, das Problem zu lösen und scheitert dabei zunächst zwei Mal. Erst beim dritten Versuch gelingt es ihr, mit Hilfe ihrer Freunde. Dabei steigerst du den Spannungsbogen langsam auf einen Höhepunkt zu.
- Am Ende der Geschichte hat die Heldin oder der Held das Problem gelöst und dabei vielleicht eine Lektion gelernt.
4. Macht euer Kind zum Superhelden
Kinder lieben Geschichten, in denen sie selbst die Heldinnen und Helden sind. Die Erzählungen können ihr Selbstvertrauen stärken und ihre Fantasie anregen. Verleiht eurem Kind in eurer Geschichte einmal Superkräfte. Es kann fliegen, super stark sein oder unsichtbar, oder es hat ein besonderes Laufrad, mit dem es die Wände hochfahren kann. Die Logik spielt dabei keine Rolle. Das kann sich zu Beginn vielleicht komisch anfühlen, macht mit der Zeit aber richtig Spaß.
Lasst euer Kind in der Geschichte ein (nicht zu komplexes) Problem lösen, das es sich gut vorstellen kann. Vielleicht hat ein Räuber alle Süßigkeiten der Stadt geklaut und sie auf dem Dach eines Turmes versteckt? Mit seinem Laufrad kann das Kind die Turmwände hochfahren und das Diebesgut wieder zurückerobern.
5. Lasst euch von Büchern und Filmen inspirieren
Auch Figuren aus Büchern oder Serien die euer Kind kennt und liebt, können die Heldinnen und Helden in eurer Geschichte sein. Der Vorteil: Ihr müsst sie nicht erst neu erfinden und euer Kind wird wahrscheinlich begeistert sein. Vielleicht trifft es in eurer Geschichte den Feuerwehrmann Sam und löscht mit ihm gemeinsam ein Feuer? Oder Prinzessin Elsa feiert ein Schlittschuh-Fest auf dem Eis und lädt dazu euer Kind und seine Freunde ein.
Dieser Trick eignet sich auch gut, wenn man müde ist und gerade keine gute Idee hat. Erzählt einfach eine Geschichte aus der Serie nach, nur dass euer Kind diesmal darin mitspielt. Und wer weiß, vielleicht sprudeln im Verlauf dann doch die Ideen und die Geschichte nimmt eine ganz neue, überraschende Wendung.
6. Lasst euer Kind mit erzählen
Zwischen dem dritten und dem fünften Lebensjahr beginnt bei Kindern die sogenannte magische Phase. Ihre Vorstellungskraft ist dann besonders groß und in ihrer magischen Logik ist alles möglich. Das ist besonders hilfreich für fantasievolle Geschichten und kann zu lustigen Ideen führen.
Das gemeinsame Geschichten erfinden mit dem Kind macht Spaß und fördert sein abstraktes Denkvermögen, seine Sprachkompetenz und seine Kreativität. Fragt euer Kind nach einem guten Namen für eine Figur oder nach einem Handlungsort. Oder lasst es eine Frage in der Geschichte entscheiden. Vielleicht hat euer Kind auch eine ganz eigene Idee, die ihr gemeinsam verfolgen könnt.
7. Beendet eure Geschichte mit einer Schlussphrase
„Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.“
„Und die Moral von der Geschicht,…“
Viele Märchen und Fabeln enden immer mit demselben Satz. Das könnt ihr auch für eure Geschichte nutzen. Eure Kinder werden sich über das immer wiederkehrende Element freuen und den Satz nach einer Weile mit euch gemeinsam nachsprechen.
Für kleine Kinder sollten Geschichten nicht allzu lang sein und ein klares Ende (am besten ein Happy End) haben. Für ältere Kinder ab sechs Jahren könnt ihr das Ende auch einmal offen lassen und die Geschichte am nächsten Tag weitererzählen.