Der Nachwuchs ist da und die Welt dreht sich erstmal um den kleinen Sprössling – verständlich. Häufig fehlt da die Zeit und die Energie, dass sich die frisch gebackene Mama um sich, ihre Rückbildung, um die physische und psychische Gesundheit und die Narbenmobilisation kümmert. Wer jetzt denkt: Narbenmobilisation, ich habe doch vaginal entbunden? Es lohnt sich den Artikel trotzdem bis zum Schluss zu lesen, denn auch bei einer vaginalen Entbindung entstehen Narben.
Was sind eigentlich Narben und wie entstehen sie?
Durch Verbrennungen, Stürze und Operationen entstehen Narben. Bei einem Kaiserschnitt werden die Hautschichten/Fettgewebe und die Rectusfaszie (Bindegewebshülle des Bauchmuskels)) durch einen Schnitt eröffnet und quer durchtrennt. Der gerade Bauchmuskel (M. Rectus abdomins) wird möglichst stumpf nach oben und unten aufgetrennt, um dann die Gebärmutter mit einem weiteren Querschnitt zu eröffnen1.
Die anschließende Naht muss erst einmal heilen. Von den Wundrändern beginnend entsteht ein sogenanntes Granulationsgewebe (bis ca. 16 Tagen nach der Operation), welches der Körper mit Kollagen aufbaut, um die Narbe zu stabilisieren2.
Um den Heilungsprozess zu sichern, versorgt der Körper die Narbe mit einer vermehrten Blutzufuhr, was dazu führt, dass die Narbe anfangs stark gerötet erscheint.
Diese sowohl äußere als auch innere Narbe sollte nach einer gesicherten Wundheilung vorsichtig mobilisiert und ggf. auch behandelt werden.
Warum ist die Narbenmobilisation und Pflege so wichtig?
Eine Narbe ist ein Ersatz für den Substanzverlust des Ursprungsgewebe. Jedoch kann es nicht wieder die gleichen Eigenschaften einnehmen und es kann zu einer Funktionseinschränkung kommen3.
Um diese Einschränkungen so gering wie möglich zu halten und die Beweglichkeit zwischen der Haut, Faszien und den Muskelschichten zu gewährleisten, ist eine Narbenpflege, wie im zweiten Teil der Serie Kaiserschnitt beschrieben, sehr zu empfehlen.
Doch oft reicht die Narbenpflege nicht aus und es ist essenziell, dass die unterschiedlichen Schichten gegeneinander und vor allem in der Tiefe mobilisiert werden. Diese Mobilität ist enorm wichtig, damit die um die Narbe liegenden Strukturen, wie die Bauchmuskulatur, die Harnblase und die Gebärmutter gegenseitig gut verschieblich bleiben und ihre Funktion behalten.
Wie kannst du feststellen, dass die gewöhnliche Pflege nicht ausreicht?
Verkleben durch den Heilungsprozess die Haut- und Faszienschichten miteinander kann es zu Beschwerden wie Schmerzen im Narbenbereich, übermäßige Rötung, nicht abklingendes Taubheitsgefühlt um die Narbe herum, starker Zug bei Dehnung der Bauch- und Hüftmuskulatur, Blasenentleerungsstörungen und langfristig evtl. zu Rückenbeschwerden und einer Funktionseinschränkung der Bauchmuskulatur kommen. Da die Bauchmuskulatur eine funktionelle Einheit mit dem Beckenboden bildet und damit unser Rumpfkorsett stabilisiert, ist es wichtig, dass die Kaiserschnittnarbe keine Funktionseinschränkungen nach sich zieht.
Entstehen bei einer vaginalen Entbindung auch Narben?
Definitiv ja!
Durch die vaginale Geburt kann es am Muttermund, Vagina, Schamlippen und Beckenboden zu kleinen Schürfungen oder zu größeren Verletzungen wie z. B. Rissen, Schnitten und Hämatomen kommen. Durch den anschließenden Heilungsprozess dieser Verletzungen kann es auch hier zu Verklebungen und zur Einschränkung der Mobilität kommen. Dies kann zu Schmerzen beim Sitzen, Geschlechtsverkehr, dem Gang zur Toilette usw. führen. Da der Beckenboden durch fest gewordene Narben auch in seiner Funktion eingeschränkt ist, macht es Sinn sich auch um diesen Bereich zu kümmern.
Wie wird die Narbe mobilisiert und behandelt?
Entstehen eine oder mehrere der oben genannten Symptome, empfehle ich dir einen Besuch bei einem/einer Physiotherapeuten/in, Osteopathen/in oder Arzt/Ärztin, der/die sich auf diesem Gebiet spezialisiert hat.
Dabei wird die Narbe mit unterschiedlichen Techniken behandelt. Von der oberflächlichen Mobilisation der Haut und Faszienschichten bis in die Tiefe zur Muskulatur, der Blase, der Gebärmutter und des Beckenbodens. Dabei liegt der Schwerpunkt, auf der Herstellung der Beweglichkeit zwischen den Schichten. Nach der Behandlung sollte zusätzlich noch ein Augenmerk auf ein funktionelles Training der Bauch-, Beckenboden und Rumpfmuskulatur gelegt werden mit dem Ziel die Rectusdiastase bestmöglich zum Schließen anzuregen.
Dabei können zusätzlich Behandlungsmethoden wie Elemente aus dem Heller Konzept sehr hilfreich sein. Die Sectionarbe kann mit weiteren Methoden behandelt werden. Schröpfen, Tapen, Unterspritzen der Narben und Laserbehandlungen reihen sich in eine lange Liste von weiteren Alternativen ein.
Mein Fazit
Nach abgeschlossener Wundheilung der Sectionarbe und dazu gehört auch, die Wundheilung in der Gebärmutter, welche durch das Ablösen der Plazenta notwendig ist (Abschluss des Wochenflusses), ist es sinnvoll sich die Beweglichkeit der Narben anzuschauen und bei Bedarf zu behandeln.
In der Regel reichen wenige Sitzungen aus, um die Gewebeschichten gegeneinander zu mobilisieren und das Erlernen der Eigenmobilisation.
Narbengewebe kann sich bis zu 18 Monaten nach der Operation noch verändern und umbauen. In dieser Zeit sollte ein besonderes Augenmerk auf die Pflege und Mobilisation gerichtet sein. Um so früher (nach abgeschlossener Wundheilung) eine Narbe behandelt wird, desto einfacher ist es, das Gewebe zu mobilisieren und die Beweglichkeit wieder herzustellen.
Quellen:
1) www.amboss.com Nachschlagewerk für Ärztinnen und Ärzte: operative Geburtshilfe
2) www.netdoktor.de Narben
3) www.doccheck.com Narben
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