Als Kind habe ich es geliebt, mit dem Zug zu Oma und Opa zufahren. Meine Eltern konnten sich die ganze Zeit mit mir beschäftigen, anders als im Auto. Wir haben „Ich sehe was, was du nicht siehst“ gespielt, gelesen und aus dem Fenster zugesehen, wie die Häuser, Straßen und Felder an uns vorbeirauschten. Auch heute noch und vor allem unter dem Aspekt des Umweltschutzes ist das Reisen mit der Bahn die umweltfreundlichere und in der Regel auch die erholsamere Lösung. Besonders, wenn man mit Kindern unterwegs ist. Damit Bahnreisen mit Kindern auch für euch wirklich entspannt wird, gibt es hier ein paar Tipps.
Bahnreisen mit Kindern via Deutsche Bahn
Gute Nachrichten: Bei der Deutsche Bahn fahren Kinder bis zum sechsten Lebensjahr kostenlos mit. Ein Ticket brauchen sie nicht. Ältere Kinder bis 14 Jahren, können mit einer mindestens 15-jährigen Begleitperson ebenfalls umsonst mitreisen. Das Kind muss allerdings mit auf dem Fahrschein stehen. Bis vor Kurzem galt dieses kostenfreie Mitreisen nur, wenn die Eltern oder Großeltern mit dabei waren, das ist jetzt anders. Pro Begleitpersonen können bis zu vier Kinder mitgenommen werden. Für noch mehr kleine Menschen empfiehlt sich das Familienticket, dies wiederum funktioniert tatsächlich nur mit Oma und Opa oder Mama und Papa.
Familien mit Kindern bis drei Jahren, haben in EC- und ICE-Zügen die Möglichkeit, ein Kleinkindabteil zu buchen. Diese sind teilweise mit einem Wickeltisch ausgestattet oder liegen nah am barrierefreien und geräumigen WC, welches dann Möglichkeiten zum Wickeln bietet. In diesem Abteil seid ihr als Familie alleine und habt Ruhe. Es gibt genug Platz für einen Kinderwagen und für das Spielen am Boden ist auch noch genügend Raum. Steckdosen sind ebenfalls vorhanden, so, dass ihr ein Fläschchenwärmer anschließen könnt.
Im Intercity-Express können Familien Sitzplätze im Familienbereich buchen, solange der Nachwuchs im Grundschulalter ist. Hier wird Bahnreisen mit Kindern ein Erlebnis und man lernt auch noch andere Familien kennen. Außerdem muss sich niemand darum kümmern, dass sich wichtige Geschäftsleute durch ein aufgeregtes Kind gestört sehen.
Und man darf staunen: Auf manchen ICE-Strecken steht seit kurzem professionelles Personal zur Kinderbetreuung zur Verfügung. Insgesamt hat die Deutsche Bahn einiges für die kleinen Fahrgäste getan und kann sich trotzdem von den Schweizern und Finnen noch etwas abschauen. Beide Länder haben in ihren Inter-City-Zügen sogar einen kleinen Spielplatz.
Gepäck
Zugegeben, das Gepäck einer Familie kann ja durchaus Ausmaße einer zehnköpfigen Fernreise-Gruppe annehmen. Da kommt ihr möglicherweise doch auf die Idee, mit dem Auto sei das alles viel einfacher. Aber, vielleicht schaut ihr beim Packen einmal ganz genau, was ihr wirklich braucht und was gegebenenfalls zu Hause bleiben darf.
Buggy oder Tragetuch
Gönnt dem Kinderwagen eine Pause. Entscheidet euch stattdessen lieber für einen handlichen Buggy, die lassen sich platzsparend verstauen und sind leichter. Wenn euer Kind noch kleiner ist, nehmt ein Tragetuch oder eine Babytrage. Darin fühlen sich die Kleinen oft eh am wohlsten und ihr habt die Hände frei für eine Tasche oder einen praktischen Rollkoffer.
Vielerorts kann man sich Kinderwagen und weitere Baby- und Kleinkinderausstattung ausleihen. Schaut euch zum Beispiel mal den Service von Spatzentourist an.
Reiseproviant
Die Deutsche Bahn bietet in der Bordgastronomie ihrer Intercity-Espress-Züge mittlerweile eine recht vielfältige Auswahl an Speisen an. Allerdings sind die Kindergerichte typische Kohlenhydrate-Bomben: Es gibt Nudeln mit Tomatensoße oder Pommes. Dazu kommt, dass man solche Gerichte nur vor Ort im Bordrestaurant bestellen und verputzen darf. Ob ihr da mit Kindern Lust zu habt, müsst ihr entscheiden. In ICs wird man am Platz mit kleinen Snacks beliefert. Ich empfehle euch, einfach selbstgemachtes Essen mitzunehmen. Da könnt ihr euch zusammenstellen, was alle gerne essen. Ihr könnt auf euren Plätzen sitzen bleiben und vor allem bekommen eure Kinder eine gesunde Mahlzeit und Snacks. Beispielsweise Obst, Gemüsesticks, Brot oder Brötchen und Knabbereien wie Nüsse. Vergesst auch nicht, genug zu trinken einzupacken.
Unterhaltung für Unterwegs
Bahnfahren hat einfach Vorteile: Die Erwachsenen können sich entspannt zurücklehnen, mal was lesen oder eine Runde die Augen schließen. Keine anstrengende Autofahrerei. Kein Stress und keine Panik, ob man rechtzeitig einen Rastplatz findet, wenn das Kind muss oder ihm vom Autofahren übel wird. Nein, Zugfahren ist entspannend.
Doch wie beschäftigt man die Kinder, die sich irgendwann an all den Häusern, Bäumen und Büschen sattgesehen haben?
Krabbeldecke
Im Kleinkinderabteil ist Platz genug, um eine Decke auf dem Boden auszubreiten. Euer Krabbelkind kann darauf wunderbar spielen. Bedenken müsst ihr keine haben, alle Steckdosen in diesen Abteilen sind gesichert.
Professionelle Kinderbetreuung
Wie oben bereits erwähnt, gibt es seit Kurzem eine professionelle Kinderbetreuung der Deutschen Bahn. Diese wird ab drei Jahren empfohlen. Buchbar an Samstagen und Sonntagen auf ausgewählten, kinderreichen Strecken in den Fernverkehrszügen. Welche Züge das im Detail sind, könnt ihr hier bei der Deutschen Bahn herausfinden.
Bücher und Hörbücher
Ich habe als Kind unheimlich gerne gelesen, heute lese ich ebenso gerne vor. Natürlich nicht die ganze Fahrt. Da eignen sich Hörbücher besonders gut. Die Auswahl ist riesengroß und vielleicht haben eure Kinder bereits Lieblingsgeschichten. Für Kleine sind zum Beispiel „Bobo Siebenschläfer“ oder die „Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich habe?“-Geschichten sehr schön. Ein Tipp: kauft für euer Kind einen guten Kinderkopfhörer. Die sind in der Lautstärke begrenzt und haben den Vorteil, dass ihr nicht zehnmal hintereinander hören müsst, wie Bobo Geburtstag feiert. Die Deutsche Bahn bietet außerdem Kindermagazine mit netten Geschichten an.
Malsachen
Es gibt mittlerweile praktische Mappen, in denen ein DIN A4 Block, ein Malbuch und ein paar Stifte Platz finden. Viele Kinder können sich stundenlang malend beschäftigen, vielleicht malt ihr auch zusammen. Mit Größeren kann man das Papier auch für eine Runde Stadt-Land-Fluss oder Käsekästchen nutzen.
Wem das mit den Stiften zu wiggelig ist, dem sei eine Zaubertafel ans Herz gelegt. Es gibt in der Regel nur einen Stift und mal kann alles wieder wegwischen und von vorn beginnen.
Spiele
Stadt-Land-Fluss, der Klassiker der unterwegs spielbaren Spiele, habe ich bereits erwähnt. Ich sehe was, was du nicht siehst – ist auch ein beliebtes Spiel und besonders im Zug geeignet. Da gibt es immer viel zu sehen. Ansonsten gibt es allerlei Brettspielklassiker in handlichem Reiseformat zu kaufen: Mensch ärgere dich nicht, Schach, Dame, Halma etc.
Bei uns sind auch Kartenspiele sehr beliebt. Zum Beispiel Uno, Mau Mau oder seit neustem Drecksau. Ein lustiges Spiel, bei dem gewinnt, wer als erstes all seine Schweinchen im Matschbad hat. Vielleicht findet ihr hier ein passendes Brettspiel für die Reise.
Ein anderes sehr praktisches Spiel, das auch schon mit kleineren Kindern möglich ist, ist eine Art Bingo. Dazu schneidet ihr aus Zeitungen und Magazinen Dinge aus, die man, während einer Zugfahrt entdecken kann und klebt sie auf Karton. Wer unterwegs alle Dinge in einer Reihe entdeckt hat, hat das Spiel gewonnen. Werdet einfach ein bisschen kreativ.
Über Nacht reisen
Eine Fahrt in einem Nachtzug ist wahrscheinlich ein Highlight für die ganze Familie und irgendwie romantisch. Leider hat die Deutsche Bahn die Nachtzüge gestrichen und auch sonst sind sie recht selten geworden. Habt ihr einen gefunden, gelten hier natürlich andere Konditionen. Meist fahren nur Kinder unter sechs Jahren kostenlos mit. Das auch nur, wenn sie sich das schmale Bett mit Mama oder Papa teilen.
Ein klarer Vorteil ist in jedem Fall die Anreise zum Bahnhof, das ist in der Regel deutlich entspannter als zum außerhalb gelegenen Flughafen. Der nervenaufreibende Check-In fällt weg, man hat Platz und obendrein ist es auch noch klimaschonend. Reisen wie einst die Helden aus den Abenteuerbüchern. Schaut doch mal bei Traintracks vorbei, da gibt es Nachtzug-Berichte aus der ganzen Welt.
Die Deutsche Bahn selbst hat ihre Schlafwagen vor einigen Jahren abgeschafft. Mit eigenen Sitzwagen beteiligt sie sich jedoch an den Nachtzugverbindungen ihrer europäischen Partnerbahnen. Welche Unternehmen noch Schlafwagen anbieten, erfahrt ihr zum Beispiel im Zugportal Bahndampf.
Praktische Tipps in aller Kürze
Lasst euch, wenn ihr mit Kindern alleine reist, von den anderen Fahrgästen beim ein- und aussteigen helfen. Lasst euer Kind immer zuerst aus- oder einsteigen, damit vermeidet ihr, dass plötzlich die Türen zu gehen und der Zug weiterfährt.
Zugtoiletten haben nicht den besten Ruf und sind leider oft nicht besonders sauber. Besonders mit Kindern sind da Toilettensitzauflagen und Desinfektionsmittel für die Hände mehr als empfehlenswert.
Im französischen TGV beispielsweise reisen Kinder bis vier Jahren kostenlos mit, haben allerdings keinen eigenen Anspruch auf einen Sitzplatz. Wer sein vierjähriges Kind nicht die ganze Zeit auf dem Schoß haben möchte, sollte eine Kinderfahrkarte buchen. Die sind günstiger und das Kind bekommt einen eigenen Sitz.
Bei Auslandsreisen solltet ihr euch generell im Vorfeld informieren. Die Bedingungen sind oft andere als bei der Deutschen Bahn. Insgesamt ist es aber eine angenehme und entspannte Art zu reisen. Probiert es einfach mal aus.