Der Schriftsteller Paul Heyse schrieb einst: Ein Bruder und eine Schwester, nichts Treueres kennt die Welt. Kein Goldkettchen hält fester, als eins am andern hält. Geschwister begleiten uns ein Leben lang, doch nicht immer funktionieren Geschwister als Team. Die Beziehung zwischen ihnen wird eben nicht nur durch Liebe definiert, sondern zu einem gewissen Grad auch durch Rivalität. Wie Geschwister als Team zusammenfinden, erfährst du hier.
- Früher Futterneid, heute Angst vor geteilter Aufmerksamkeit
- Brüderchen und Schwesterchen: Ein neues Baby zieht ein
- Der Altersunterschied nimmt Einfluss auf die Teamfähigkeit
- So kommt es garantiert zum Streit zwischen Geschwistern
- Geschwister als Team – Was Eltern beachten sollten
- Dunkle Wolken im siebten Geschwisterhimmel – und nun?
- Geschwister als Team: Wie unterstützen wir unsere Kinder auf dem Weg dahin?
Vielleicht kündigt sich bei euch gerade ein Geschwisterchen an und ihr fragt euch: Wie wird das ältere Kind aufs Baby reagieren? Oder vielleicht habt ihr schon zwei oder mehr Kinder und verzweifelt des Öfteren an Streitereien zwischen ihnen. Geschwister zu haben ist toll, aber es ist eben auch manchmal anstrengend. Eine gewisse Rivalität besteht immer. Nichtsdestotrotz können Geschwister auch ganz wunderbar miteinander harmonieren. Geschwister als Team klappt nicht immer, aber mit den richtigen Tricks immer öfter.
Früher Futterneid, heute Angst vor geteilter Aufmerksamkeit
Ein Blick in die Menschheitsgeschichte zeigt: Geschwister sind Rivalen. Sie konkurrieren um Ressourcen – früher um Nahrung, heute mehr um Aufmerksamkeit. Denn ein kleiner Bruder oder eine kleine Schwester bedeutet erst einmal: Das, was da ist, muss geteilt werden. Diese Gefühle und Gedanken sind in uns verankert und sie entstehen automatisch. Die Eltern können den Kindern aber zeigen, dass die Ressourcen, um die sie buhlen, beiden gleichermaßen gegeben werden.
Das bedeutet, dass beispielsweise schon das Baby mal warten muss, weil gerade der große Bruder Aufmerksamkeit benötigt. So lernt vor allem das größere Geschwisterkind: Ich bin immer noch genauso wichtig und nicht nur das süße Baby bekommt, was es braucht. Wir als Eltern müssen unseren Kindern zeigen, dass wir sie gleichermaßen lieben und niemand bevorzugt wird. Das beginnt schon vor der Geburt der Schwester oder des Bruders.
Brüderchen und Schwesterchen: Ein neues Baby zieht ein
Wenn sich bei euch Nachwuchs ankündigt und ihr habt schon ein Kind, solltet ihr von Beginn an auf einige Punkte achten. Das fängt schon mit dem Verkünden der frohen Botschaft an. Nicola Schmidt, Autorin des Buches „Geschwister als Team“, erklärt dazu, dass wir Eltern unserem erstgeborenen Kind diese Botschaft aus seiner Sicht vermitteln müssen. Also sollten wir den Fokus darauf legen, dass das Kind große Schwester oder Bruder wird.
Dabei müssen wir ehrlich sein und skeptische Gedanken des Kindes aufnehmen: Das Baby wird auch mal anstrengend sein und manchmal – gerade am Anfang – wird es uns sehr oft brauchen. Aber Mama und Papa sind immer für dich da und wir haben dich genauso lieb wie jetzt auch. Das stärkt am Ende auch die Bindung zwischen den Geschwistern und hilft auf dem Weg zu „Geschwister als Team“.
Der Altersunterschied nimmt Einfluss auf die Teamfähigkeit
Wenn euer Erstgeborenes selbst noch klein ist, wird es euch vermutlich erst einmal mit einem Blick voller Skepsis anschauen. Auch wenn das Baby da ist, kann es passieren, dass es nach vielleicht anfänglicher Begeisterung doch schnell vom Geschwisterchen genervt ist. Bei Kindern unter drei Jahren ist die Fähigkeit empathisch zu sein noch nicht voll entwickelt. Aus diesem Grund kommt es mitunter schneller zum Streit, wenn die Kinder maximal drei Jahre trennen. An „Geschwister als Team“ ist dann oft nicht zu denken. Selbstverständlich können ältere Kids schon besser verstehen, was es bedeutet, ein Geschwisterchen zu bekommen. Sie sind auch bereits selbstständiger und helfen ab einem gewissen Alter vielleicht sogar beim Füttern oder Wickeln.
Meine Kinder haben einen Altersunterschied von vier Jahren und ich hätte mir einen geringeren Abstand nicht vorstellen können. Doch werden die Kinder älter, hat der relativ große Altersunterschied auch Nachteile. Denn die Interessen der Geschwister driften ab einem bestimmten Alter stark auseinander. Die Kleine spielt gerade noch mit Puppen, während die Große schon mitten in der Pubertät steckt.
Egal, wie klein oder groß der Altersunterschied zwischen den Geschwistern ist, Vor- und Nachteile gibt es immer. Mein Eindruck ist: Ist der Unterschied gering, tun sich die Geschwister als Team am Anfang schwer. Später klappt es dafür oft umso besser. Ist der Altersunterschied dagegen groß, ist es genau andersherum. Ein Richtig oder Falsch gibt es bezüglich des Unterschieds nicht, wohl aber Dinge, die Geschwister dabei unterstützen, ein Team zu sein. Egal, wie viele Jahre sie trennen.
So kommt es garantiert zum Streit zwischen Geschwistern
Bevor wir einen Blick auf diese Dinge werfen, wollen wir Nicola Schmidt noch einmal zu Wort kommen lassen. Sie stellt einige Aktionen von Eltern vor, die ganz sicher zu Streit im Geschwisterleben und weit weg von „Geschwister als Team“ führen:
- Halten Sie sich aus Konflikten ganz raus oder stürmen Sie beim leisesten Geräusch das Kinderzimmer – am besten abwechselnd.
- Entscheiden und verändern Sie Familienregeln willkürlich, situationsunabhängig und ohne Absprache mit den anderen Beteiligten
- Vergleichen Sie die Kinder bei jeder Gelegenheit miteinander und fordern Sie Reife: „Du bist doch schon groß!“
- Verhängen Sie häufig Strafen wie Hausarrest und Fernsehverbot, das fördert Wut und Rachegefühle am zuverlässigsten.
- Fragen Sie stets „Wer war das?“ und entscheiden Sie dann völlig willkürlich, welches Kind Recht hat oder eine Strafe bekommt.
- Stellen Sie Regelbrecher vor allen anderen zur Rede und beginnen Sie jeden Satz mit „Du“, gefolgt von negativen Zuschreibungen.
- Verwenden Sie die Wörter „immer“, „nie“ und „schon wieder“ so oft Sie können.
- Sorgen Sie mit Ihrer Autorität dafür, dass die Kinder Ihrer Lösung des Streits schnell zustimmen, auch wenn offensichtlich keines zufrieden ist.
- Spielen Sie auf keinen Fall mit einem Kind allein.
Geschwister als Team – Was Eltern beachten sollten
Die oben aufgelisteten Punkte helfen Eltern dabei zu erkennen, was sie anders machen sollten. Wir sollten unsere Kinder zum Beispiel nicht miteinander vergleichen und auch nicht auf eine Rolle festlegen – weder negativ noch positiv (die Unordentliche, der Wüterich, die Kreative, der Fleißige). Eltern neigen dazu, diese Rollen durch häufiges Hervorheben zu festigen. Besser ist es dagegen, die Kinder entgegen ihrer Rolle zu besetzen. Das bedeutet, hin und wieder das Kind, was zum Beispiel nicht so ordentlich ist, beim Neuordnen des Kleiderschranks helfen zu lassen, wie die Wissenschaftsjournalistin und Gründerin des „artgerecht“-Projektes erklärt. Denn so lernen sie: Obwohl ich darin vielleicht nicht so gut bin, habe ich es geschafft. Cool!
Wichtig ist auch, dass wir als Eltern nicht bei jedem Streit der Kinder eingreifen. Tatsächlich sollten wir das erst dann tun, wenn eines der Kinder seelisch oder körperlich verletzt wird. Wenn es also erstmal „nur“ laut wird im Kinderzimmer, lieber nicht einmischen. Die Kids müssen lernen, solche Situationen alleine zu meistern. Aber wir alle wissen: Für uns Eltern ist das schwer. Denn das Leben bringt es mit sich, dass unser Nervenkostüm dünn ist. Da verleiten unsere Impulse schnell dazu, doch die Zimmertür aufzureißen und loszumeckern. Wir sollten versuchen, hin und wieder in diesen Situationen gelassener zu sein und das Zanken auszuhalten. Wie gesagt: Natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt.
Dunkle Wolken im siebten Geschwisterhimmel – und nun?
Wenn es dann doch zu arg zwischen den Geschwistern kracht, sind wir als Eltern gefragt. Zunächst einmal sollten wir uns über unsere Rolle klar werden. Nicola Schmidt sagt: „Wir sind weder Schiedsrichter noch Detektive. Wir sind Dolmetscher.“ Das bedeutet, dass wir weder Partei für ein Kind ergreifen noch versuchen sollten herauszufinden, was vorgefallen ist und wer zuerst angefangen hat. Wir sollten uns stattdessen darauf konzentrieren, die Bedürfnisse unserer Kinder zu erkennen und ihnen dabei helfen, zu verstehen, wieso der jeweils andere dieses oder jenes getan hat. Anstatt „Wer war das?“, soll es besser heißen „Was braucht ihr?“
Sobald ein Streit zwischen Geschwistern eskaliert, sollten Eltern zunächst ruhig bleiben. Sie sollten zuhören und den Kindern, vor allem, wenn sie noch klein sind, in Ruhe erklären, wieso das Geschwisterkind etwas getan hat. Und erst dann geht es Erarbeiten und Umsetzen der Lösungen.
Geschwister als Team: Wie unterstützen wir unsere Kinder auf dem Weg dahin?
Wichtig ist, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, gemeinsam zu spielen, zu albern und auch mal laut zu sein. Das alles fördert die Beziehung zwischen den Geschwistern. Die Teamfähigkeit wird vor allem gestärkt, indem die Kinder gemeinsam Erfolg haben. Wenn sie also zum Beispiel ein Projekt wie das Bepflanzen eines Beetes oder das Bauen eines Nistkastens zusammen bearbeiten und abschließen. Denn dann merken sie: Gemeinsam sind wir stark!
Und denkt dran: Geschwister haben sich nicht immer gern, sie nerven sich gegenseitig und sich manchmal stinksauer aufeinander. Aber tief im Herzen haben sie eine Verbindung, die ganz besonders und einzigartig ist. Ihr Leben lang.
Noch mehr wertvolles Wissen rund um das Thema Geschwister als Team vermittelt Nicola Schmidt in diversen Vorträgen wie diesem hier auf dem Familienkongress von JAKO-O. Schaut mal rein!