Viele Frauen kommen irgendwann an den Punkt, an dem sie nicht mehr nur Mutter sein wollen oder können. Manche kehren bereits wenige Monate nach der Geburt in den Beruf zurück, andere nach einem Jahr Elternzeit oder länger. Nach einer Zeit, in der sich rund um die Uhr alles um das Kind gedreht hat, kann das sehr befreiend sein. Doch nicht immer klappt der Wiedereinstieg so reibungslos wie erhofft. Wir haben mit einer Berufsberaterin über Hürden und Hilfsangebote gesprochen.
Frau Ackermann, Sie sind Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit. Wer wendet sich an Sie?
Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen. Der Lagerarbeiter, der eine Umschulung machen möchte. Die Chemikerin auf Jobsuche, die sich beruflich verändern möchten. Die Mutter, die sich nach der Elternzeit weiterbilden möchte und andere.
Wie läuft eine Beratung bei Ihnen ab?
Zunächst vereinbart man über unsere Webseite, per E-Mail oder über die Telefonhotline einen Beratungstermin. An dem Termin komme ich dann mit den Ratsuchenden ganz offen zusammen. Ich versuche jedes Anliegen individuell zu lösen. Eine Beratung dauert in der Regel 75 Minuten, oft treffen wir uns auch mehrmals. Das Angebot ist übrigens für alle kostenlos und existiert deutschlandweit.
Mit welchen Fragen kommen Frauen zu Ihnen, die nach der Elternzeit zurück in den Beruf wollen?
Meist landen diese Frauen erst dann bei mir, wenn es mit ihrem alten Job nicht mehr klappt. Das Top-Thema ist die Arbeitszeit, die sich nicht mit der Kinderbetreuung vereinbaren lässt. Entweder weil der Arbeitgeber den Frauen nicht entgegenkommt oder weil die beruflichen Rahmenbedingungen sich nicht so einfach ändern lassen, zum Beispiel bei Schichtarbeit. Dann sind Alternativen notwendig.
Am zweithäufigsten geht es in meiner Beratung um die Qualifizierung. Die Elternzeit kann ja unterschiedlich lange gewesen sein. Einige Mütter bleiben ein Jahr weg, es gibt aber auch viele, die sind fünf Jahre raus aus dem Beruf, manche zehn Jahre, 20 Jahre oder noch mehr. Gemeinsam schauen wir uns an, welche Fähigkeiten man für den Wiedereinstieg auffrischen sollte oder wo eine Weiterbildung notwendig ist.
Berichten Frauen Ihnen denn auch von Diskriminierung durch den bisherigen Arbeitgeber?
Das habe ich in meiner Beratung bisher so nicht erfahren. Aber Ärger und Enttäuschung sind durchaus vorhanden. Zum Beispiel wenn eine Frau nicht zu ihrem langjährigen Arbeitgeber zurückfindet, weil es dort an Flexibilität mangelt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestaltet sich leider nicht immer so leicht wie erhofft. Da öffnet die Kita um 7.30 Uhr, die Frau soll aber schon um 7 Uhr am Arbeitsplatz sein. Nicht jeder Arbeitgeber will oder kann Home Office anbieten.
Und nicht immer sind es die Arbeitsbedingungen, die für Frust sorgen. Seit Jahren ist es ein großes Problem, dass es zu wenig Betreuungsplätze gibt. Da möchte ein Elternteil nach einem Jahr wieder anfangen zu arbeiten, doch das Kind hat keinen Kitaplatz bekommen oder die Eingewöhnung hat sich verschoben. Da hilft manchmal die beste Planung nichts und es müssen Alternativen ins Auge gefasst werden.
Alwina Ackermann, 28, hat bei der Bundesagentur für Arbeit Arbeitsmarktmanagement studiert. Seit zwei Jahren berät sie Berufsrückkehrerinnen und andere Ratsuchende am Standort Ludwigsburg zu den Themen Wiedereinstieg, Weiterbildung und Umschulung
Welche Rechte haben Frauen, wenn sie in ihren alten Job zurück möchten?
Ich werde häufig gefragt, ob man ein Recht auf seine bisherige Arbeitsstelle hat. Dazu darf und kann ich in meiner Position als Berufsberaterin allerdings keine Auskunft geben. Ich empfehle in diesen Fällen beim Bürgertelefon anzurufen. Das ist eine Hotline des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Dort kann man sich zum Thema Arbeitsrecht, aber auch Teilzeit und Minijobs kostenlos beraten lassen.
Wie können Mütter von einer Berufsberatung profitieren?
Ich schaue mir die aktuelle Situation der Frauen an und höre, was sie auf dem Herzen haben. Häufige Fragen sind: Ich bin schon eine Weile aus dem Beruf raus, was könnte ich für Auffrischungskurse machen? Wie kann ich Familienleben und Beruf so organisieren, dass sich beides vereinbaren lässt? Oder auch: In meinem bisherigen Beruf ist Teilzeitarbeit nicht möglich – was für Alternativen habe ich?
Wir sprechen über Weiterbildungsmöglichkeiten oder Umschulungen. Die Arbeitsagentur bietet auch Bewerbungscoachings an. Wir haben Workshopreihen zu verschiedenen Themen und verweisen auf Veranstaltungen wie Messen, wo man sich weiter informieren kann.
Für eine Förderung durch die Agentur für Arbeit muss der rechtliche Rahmen passen. Jemand der aktuell in Elternzeit ist, kann sich bei uns unter bestimmten Voraussetzungen arbeitslos melden, das muss aber mit der Vermittlung abgeklärt werden. Wenn keine Arbeitslosmeldung möglich ist, dann kann man dennoch unsere kostenlosen Unterstützungsmöglichkeiten nutzen.
Das heißt, wenn keine Arbeitslosigkeit besteht, sind die Möglichkeiten begrenzt?
Ich berate diese Frauen natürlich trotzdem. Grundsätzlich gibt es aber kein Recht auf eine Weiterbildung. Auf einen sogenannten Bildungsgutschein hat nur Anspruch wer von Arbeitslosigkeit bedroht oder arbeitslos ist und die Weiterbildung notwendig ist. Einen Rechtsanspruch auf eine Umschulung hat, wer ungelernt oder wieder ungelernt ist oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in seinem bisherigen Job arbeiten kann.
Aber ich habe einen gewissen Spielraum. Ich schaue mir jeden Fall individuell an. Sehe ich die Notwendigkeit für eine Weiterbildung und ist die Frau arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht, kann ich sie mit einem Bildungsgutschein fördern. Auch wer eine Arbeitsstelle hat, kann sich unter Umständen über so einen Gutschein weiterqualifizieren. Das läuft dann über das Qualifizierungschancengesetz.
Suchen die Mütter in Ihrer Beratung eher nach Teilzeitstellen?
Ja, der größte Teil möchte in Teilzeit zurück in den Job. Da ist die Bandbreite aber sehr groß. Vom Klassiker – eine Frau geht mit 50 Prozent wieder zurück – bis zu jemandem, der 32 Stunden die Woche anbieten kann. Da bewegen wir uns dann schon nahe an der Vollzeitstelle. Das ist eine wichtige und tolle Ressource. Ganz selten gibt es das andere Extrem, da kann jemand nur 15 oder 16 Stunden die Woche arbeiten. Teilzeit ist eben nicht gleich Teilzeit.
Worauf können werdende Eltern schon im Vorfeld der Elternzeit achten?
Ich empfehle mit dem Arbeitgeber offen über das Thema Arbeitszeit nach dem Wiedereinstieg zu sprechen. Klar, im Vorfeld lässt sich noch nicht alles festzurren, weil man ja zum Beispiel von den Betreuungsmöglichkeiten abhängig ist. Aber man kann schon mal abklopfen, was sich der Arbeitgeber wünscht und in welchen Themenbereichen man fit bleiben sollte. Vielleicht lässt sich ja während der Elternzeit ein Kurs bei der Volkshochschule, ein Fernlehrgang oder eine andere Qualifizierung realisieren. Eigeninitiative kommt gut an.
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