Nachsorge Geburt: Die Zeit der Schwangerschaft ist vorüber, die Entbindung ist geschafft, dein Baby liegt eingekuschelt in deinem Arm. Es beginnt die aufregende Zeit nach der Geburt, die geprägt ist vom ersten Kennenlernen, vom aufeinander Eingrooven, vom Beschnuppern und dem Gewöhnen an einen neuen Lebensabschnitt und einen veränderten Alltag. In den ersten Wochen, auch Wochenbett genannt, steht die Nachsorge auf dem Programm. Erfahrt hier, was euch in der ersten Zeit nach der Geburt erwartet.
Heilung und Rückbildung
Ein Kind zu bekommen ist ein enormer Kraftakt. Frischgebackene Mamas haben nicht nur die oft anstrengende Zeit der Schwangerschaft hinter sich gebracht, sondern auch die Geburt. Die sechs bis acht Wochen nach der Entbindung werden als Wochenbett oder auch Kindbett bezeichnet. Diese Zeit nach der Geburt dient nicht nur dem ersten Kennenlernen und Einfinden in den neuen Alltag mit Baby, sondern vor allem auch der Nachsorge nach der Geburt und der Regeneration des Körpers der Mama. So heilen in dieser Zeit sowohl die Gebärmutterwunde als auch mögliche Geburtsverletzungen wie Dammriss oder Blutergüsse ab. Hormonell ändert sich auch wieder einiges. All das ist erneut anstrengend, weshalb es wichtig ist, dass die frischgebackene Mama Zeit bekommt, sich zu erholen.
Einige Mamas durchleben auch psychisch eine echte Achterbahn der Gefühle, manche entwickeln ernsthafte psychische Störungen nach der Geburt. Studien zeigen, dass 10 bis 15 Prozent der Mamas eine Wochenbett-Depression erleiden, schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Zunächst hilft Unterstützung, Zuwendung und Entlastung. Sollte die depressive Phase allerdings länger anhalten oder schwerwiegend sein, bedarf es ärztlicher Behandlung.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat zahlreiche Informationen zu Fragen rund um die Zeit des Wochenbetts zusammengestellt – von der hormonellen Umstellung, über Baby-Blues bis zur Rückbildung.
Bindung zum Baby
Das Baby ist da. Im Gepäck hat es unendlich viel Neues, um ehrlich zu sein bringt es ein ganz neues Leben mit. Zum einen natürlich sich selbst, aber eben auch all die Veränderungen, die es für seine Eltern parat hält. Ab dem Zeitpunkt der Geburt beginnt das Eingrooven aufeinander, das Kennenlernen und Zurechtfinden mit all diesen Veränderungen.
„Säuglinge sind nichts anderes als winzig kleine Pflegefälle: Man muss sie wickeln, füttern, baden und bespaßen – ständig“, schreibt Ana Wetherall-Grujić in ihrem Buch „Das Baby ist nicht das verdammte Problem“. Diese Grundbedürfnisse einen alle Babys. Aber dennoch sind alle Neugeborenen anders, jedes Baby ist individuell und – Achtung – auch die Eltern und ihre Lebenssituationen unterscheiden sich. Nicht alle Babys lieben es gestillt zu werden; manche schlafen lange, andere kaum; die einen schlummern im Kinderwagen, die anderen wollen nur getragen werden und sich an Mamas oder Papas Oberkörper kuscheln.
In den ersten Wochen nach der Geburt müssen Eltern herausfinden, was ihr Kind braucht und was für sie als Familie passt. Dein Baby schläft nur ein, wenn es eingekuschelt im Kindersitz mit dem Auto durch die Gegend gefahren wird? So what! Tu genau das, wenn es dich entlastet. Dein Säugling mag nicht aus der Brust trinken? Dann kämpft nicht ewig drum. Auch Flaschenkinder werden groß, gesund und intelligent.
Natürlich ist das alles leicht gesagt. Oft schweben über all diesen Fragen ganz besonders viele Erwartungen und Glaubensgrundsätze. Das Kind MUSS gestillt werden (denn nur Muttermilch ist das Wahre), es MUSS alleine in seinem Bettchen schlafen (sonst lernt es das nie), es MUSS frisch gekochten Brei gefüttert bekommen (Gläschenkost ist bäh). Diese Liste ließe sich endlos fortführen. Frischgebackenen Eltern wird förmlich ein schlechtes Gewissen eingeredet, wenn sie die „Regeln“ nicht befolgen.
Dabei muss jede Familie ihren eigenen Weg finden, mit der neuen Situation umzugehen. Doch unzählige Ratgeber, medizinisches Personal und andere Menschen – mit und ohne Kinder – verteufeln das eine und heben das andere ganz weit hoch in den Himmel. So geben sie den Eltern das Gefühl, dass sie gar keine Chance haben, die Dinge frei zu entscheiden. Und so trauen sich Mamas und Papas häufig nicht, aufs eigene Bauchgefühl zu hören. Dabei sind sie es, die wissen, was für sie als Familie gerade das Beste ist.
Lange Rede, kurzer Sinn: Das Wochenbett sollte Eltern dazu dienen, den eigenen Weg mit ihrem Kind zu finden und eine Bindung aufzubauen. Wichtig ist vor allem die Erfüllung der Grundbedürfnisse und ganz viel Liebe. Ob Eltern beim Erfüllen der Bedürfnisse nun auf Brust oder Flasche setzen; das Auto als Einschlafhilfe nutzen oder das Baby früh ans eigene Bettchen gewöhnen; mit dem Baby in einem Zimmer schlafen oder nicht – all das sollten sie alleine entscheiden dürfen ohne das Gefühl zu bekommen, sie müssten sich für ihre Entscheidung schämen.
Mehr zu dem Thema „irrer Mutterkult“, seine Folgen und wie man ihm gar nicht erst verfällt, findest du in Ana Wetherall-Grujićs Handbuch für die glückliche Mutter „Das Baby ist nicht das verdammte Problem“.
Nachsorge Geburt: die Hebamme
Bauchgefühl und Instinkt hin und her – viele Eltern haben anfangs eine Unmenge an Fragen. Das ist nur allzu verständlich, schließlich ist der Alltag mit Baby neu und ungewohnt und es ist angenehm zu wissen, dass einem bei Bedarf jemand zur Seite steht, der kompetent und einfühlsam Antworten geben kann.
Nach der Entbindung hast du Anspruch auf eine Hebamme, die sich um die Nachsorge im Anschluss an die Geburt kümmert. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für mindestens einen täglichen Hausbesuch deiner Nachsorge-Hebamme bis zum zehnten Tag nach Geburt. Bist du nach der Entbindung länger im Krankenhaus, werden die verbleibenden Tage für die Hausbesuche gerechnet. Danach könnt ihr zwölf Wochen lang zusätzlich 16 Hebammentermine in Anspruch nehmen. Solltest du länger Bedarf haben, gibt es die Möglichkeit, den Anspruch bis zum Ende der Stillzeit zu verlängern. Weitere Informationen zur Nachsorge durch die Hebamme findest du hier.
Deine Nachsorge-Hebamme schaut zum einen, wie es dir und deinem Baby geht. Sie beantwortet Fragen rund um Wochenbett-Beschwerden, Säuglingspflege, hormonelle Veränderungen und den neuen Alltag als größer gewordene Familie und steht dir mit Rat und Tat zur Seite. Sie wiegt und misst dein Baby regelmäßig, um den Entwicklungs- und Gesundheitszustand deines Säuglings zu prüfen und versorgt z. B. den Nabel des Babys. Sie ist quasi deine bzw. eure professionelle Stütze für den Anfang.
Tipps für Partner, Verwandte und Freunde
Die frischgebackene Mama hat gerade Großes geleistet, denn eine Geburt ist kein Spaziergang. Auch, wenn die Entbindung schnell geht, zerrt sie dennoch an den Kräften der Mutter. Die Zeit nach der Geburt, das Wochenbett, sollte also ganz im Zeichen der Mama stehen. Sie braucht Zeit sich zu erholen, Pausen zum Durchschnaufen und so oft es geht die Möglichkeit eine Bindung zum Baby aufzubauen. Was stört dabei gewaltig? Kochen, Hausarbeit und sonstige Dinge des Alltags. Was hilft? Wenn jemand anderes eben diese Dinge übernimmt und die Mama sich um sich kümmern kann.
Ana Wetherall-Grujić gibt in ihrem Buch „Das Baby ist nicht das verdammte Problem“ eine Menge Tipps, wie Väter, Partnerinnen, Verwandte und Freunde die Mutter im Wochenbett unterstützen können. Väter und Partnerinnen sollen z. B. die Hausarbeit übernehmen – und zwar nicht nur hier und da, sondern komplett. Die Mama hat anderes zu tun.
Für diejenigen Partner und Partnerinnen, die bald nach der Geburt wieder arbeiten gehen, während sich die Mama ums Baby kümmert, hat die Autorin ebenfalls einen Rat: „Vielleicht haben Sie ein Kind, das viel schläft – trotzdem muss Ihre Partnerin in den Wachphasen komplett anwesend sein. Wenn Sie ein Kind haben, das viel wach ist oder noch dazu viel weint: Küssen Sie den Boden, auf dem Ihre Partnerin geht. Noch besser: Putzen Sie ihn, streuen Sie Rosenblüten und drapieren Sie in strategischen Abständen die Lieblingssnacks Ihrer Partnerin. Machen Sie ihr jeden Augenblick so angenehm wie möglich, wenn sie schon die Care-Arbeit für Ihr gemeinsames Kind übernimmt, während Sie einfach nur einem bezahlten Job nachgehen.“
Klingt drastisch? Ist es nicht. Es ist nur fair. Natürlich gilt Gleiches für den Papa oder die Partnerin, falls sich Mama schnell wieder ins Berufsleben stürzt.
Aber nicht nur die Partner können sich unterstützen. Auch Verwandte und Freunde können helfen. Beispielsweise, indem sie etwas kochen, mit dem Baby oder dem Geschwisterkind spazieren gehen, den Hund Gassi führen oder den Rasen mähen. Und falls die Familie gerade (noch) keinen Besuch empfangen möchte, können sie trotzdem helfen. „Rufen Sie an, aber erwarten Sie keinen Rückruf, falls niemand abhebt. Falls Sie die Adresse der frischgebackenen Eltern kennen, schicken Sie eine Karte, Blumen oder stellen Sie ein kleines Care-Paket zusammen. Es gilt: Zeigen Sie, dass Sie an die Familie denken, haben Sie aber keine Ansprüche“, schreibt Wetherall-Grujić in ihrem Buch.
So erholst du dich im Wochenbett
So, liebe Mama, jetzt kommen doch noch ein paar Ratschläge an dich. Zunächst ganz wichtig: Tu, was dir guttut, fordere Hilfe ein und lass dich nicht unter Druck setzen. Du hast Großes geleistet und tust es noch, denn du kümmerst dich um dein Baby. Du suchst, findest und ebnest den Weg für euch als Familie. Lass dich feiern und bemuttern, auch, wenn du denkst, das muss nicht sein.
Gib deinem Körper und dir Zeit, sich an die neue Situation, an das neue Leben zu gewöhnen. Erfülle die Bedürfnisse deines Babys, aber vergiss niemals deine eigenen dabei. Bitte um Hilfe, wenn sie nicht sowieso von sich aus kommt und verschaffe dir – zusammen mit Baby oder auch alleine – Zeit zur Entspannung. Gestehe dir und euch zu, dass nicht alles perfekt läuft. Denn das wird es nicht. Tausche dich aus mit anderen Müttern, wenn dir danach ist. Du wirst sehen: Sie alle haben die gleichen oder ähnliche Probleme und darüber reden hilft.
Versuche dir hilfreiche Ratschläge zu holen, vielleicht hilft dir der eine oder andere Tipp. Aber lass dich nicht indoktrinieren, wenn du das Gefühl hast, der Rat passt eben nicht zu euch und eurer Situation. Wie auch Ana Wetherall-Grujić in ihrem Nicht-Ratgeber schreibt: „Sie machen dieses Mutterding ganz großartig – egal, wie Sie es durchziehen!“
Lies hier das Interview mit Ana Wetherall-Grujić, in dem sie u. a. erzählt, wie sie auf die Idee zum Buch gekommen ist, was sie im Wochenbett besonders wütend gemacht hat, und für welche Geschenke und Gesten sie im Kindbett sehr dankbar war.