Das Kita-Jahr hat gerade erst begonnen, schon ist das Kind krank. Die Nase läuft, das Husten hallt aus dem Kinderzimmer, oft gesellen sich Fieber und Erschöpfung hinzu. Manche Infekte gehen schnell vorüber, andere sind hartnäckiger. In den ersten zwei Lebensjahren haben Kleinkinder durchschnittlich 13 Atemwegserkrankungen, wie das Team der Löwenkids-Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg herausgefunden hat. Zwar ist das aus medizinischer Sicht in der Regel vollkommen normal, aber das Wissen hilft Eltern auch nicht richtig weiter, wenn das Kind häufig krank ist. Wir werfen einen Blick auf die rechtlichen Grundlagen, die Mamas und Papas im Berufsleben haben, wenn das Kind krank ist und auf alternative Betreuungsmöglichkeiten.
Kind krank: Infekte im Kleinkindalter
Ich erinnere mich noch, wie der Kinderarzt uns beim dritten Infekt innerhalb weniger Wochen sagte: „Dass Kleinkinder häufig krank sind, ist ganz normal. Das Immunsystem muss quasi trainiert werden. Das gehört dazu.“ Unsere ältere Tochter war damals gerade ein Jahr alt. Und genauso gut weiß ich noch, dass ich mir dachte: „Das mag ja alles stimmen, aber es hilft uns gerade nicht. Dem Kind geht es schlecht, uns Eltern sind mehr oder weniger die Hände gebunden, weil es noch nicht so viel gibt, was man in dem Alter bei Erkältung und Co. tun kann. Ich wünsche mir einfach, unser Kind würde sich nicht von einem Infekt zum nächsten husten.“
Zum Sorgen machen und erschöpft sein gesellt sich der Druck, dass man nicht ständig bei dem kranken Kind zu Hause bleiben kann. Selbst, wenn Eltern sich die Kinderkrankentage aufteilen können, befürchten sie, dass diese schneller als gedacht aufgebraucht sein könnten. Für Alleinerziehende ist diese Situation noch deutlich herausfordernder.
Krankentage für die Kinderbetreuung
Eltern, die gesetzlich krankenversichert sind, können die sogenannten Kinderkrankentage beanspruchen, wenn ihr Kind krank ist. Vor der Corona-Pandemie hatten Eltern Anspruch auf zehn Kinderkrankentage. Dieser wurde in den vergangenen Jahren auf 30 Tage pro Elternteil bzw. 60 Arbeitstage für Alleinerziehende erhöht. Haben Eltern mehrere Kinder „besteht der Anspruch je Elternteil für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für Alleinerziehende für nicht mehr als 130 Arbeitstage“, schreibt das Bundesministerium für Gesundheit.
Als Corona-Sonderregelung galt der Anspruch auf Kinderkrankentage auch im Falle einer vorübergehenden Schließung von Kita und Co. Diese Sonderregelung ist allerdings mit dem 7. April 2023 abgelaufen.
Kinderkrankengeld
Eltern erhalten an den Kinderkrankentage in der Regel eine Zahlung in Höhe von 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Das Kinderkrankengeld wird direkt bei der Krankenkasse beantragt. Auch Eltern, die im Homeoffice arbeiten, haben Anspruch, wenn ihr Kind krank ist oder nicht anderweitig betreut werden kann. Es wird für jedes Kind unter 12 Jahren gezahlt, das gesetzlich versichert ist. Diese Altersgrenze gilt nicht bei Kindern mit Behinderung.
Das Kinderkrankengeld kann nur beantragt werden, wenn die Eltern als Arbeitnehmer unbezahlt von der Arbeit freigestellt worden sind, also der Arbeitgeber den Lohn in der Zeit, in der das Kind krank ist, nicht weiterzahlt.
Weitere Fragen rund um die Kinderkrankentage und das Kinderkrankengeld beantwortet das Bundesministerium für Gesundheit auf der entsprechenden FAQ-Seite.
Kinderkrankengeld für Selbstständige und Freiberufler
Wer selbstständig oder freiberuflich arbeitet, steuerlich Gewinne erwirtschaftet und freiwillig gesetzlich versichert ist, hat ebenfalls Anspruch auf Kinderkrankengeld. Allerdings nur dann, wenn man im Falle eigener Krankheit Krankengeld von der Versicherung erhält. Das muss extra beantragt werden – die gesetzlichen Versicherungen zahlen das Krankengeld nicht automatisch an Selbstständige und Freiberufler. Aber sofern es beantragt ist, erhalten selbstständig oder freiberuflich tätige Mamas und Papas dann auch Kinderkrankengeld. Die Höhe des Kinderkrankengeldes bei Selbstständigen und Freiberuflern liegt bei 70 Prozent des Arbeitseinkommens.
Kunstschaffende und Kreative, die über die Künstlersozialkasse versichert sind, haben wie Arbeitnehmer automatisch Anspruch auf Kinderkrankengeld.
Kind krank: alternative Betreuungsmöglichkeiten
In vielen Städten gibt es mittlerweile die Möglichkeit einer Notfallbetreuung, wenn das Kind krank ist. In München arbeiten bereits seit 1990 ehrenamtliche Betreuerinnen im Rahmen der Initiative „Zu Hause gesund werden“. In größeren Städten wie Berlin, Hamburg und Frankfurt, aber mittlerweile zum Beispiel auch in kleineren Orten wie Brandenburg an der Havel und Chemnitz sowie in Schleswig-Holstein können Eltern auf den Notmütterdienst zurückgreifen. Zusätzlich bieten auch Unternehmen über die Notfallmamas externe Betreuung an. All diese Dienste bieten schnell und unkompliziert Hilfe, wenn das Kind krank ist – manche auch, wenn die Eltern einen wichtigen Termin haben und sonst keine Unterstützung z. B. durch Oma oder Opa möglich ist.
Urlaub investieren und Co.
Was können Eltern aber tun, wenn die Kinderkrankentage aufgebraucht sind und kein Notfallplan greift? Dann bleibt ihnen noch die Option Urlaub zu nehmen, um das Kind zu betreuen, wenn es krank ist. Eine andere Möglichkeit bietet das eigenmächtige und unbezahlte Fernbleiben von der Arbeit – das wiederum ist mit einigen Hürden und Tücken verbunden.
Was tun, wenn die Kita geschlossen bleibt?
Auch, wenn das Kind zwar selbst kerngesund ist, kann es vorkommen, dass Eltern den Nachwuchs zu Hause betreuen müssen. Zum Beispiel, weil in der Kita aufgrund einer Krankheitswelle nicht genügend Personal zur Verfügung steht oder die Einrichtung bestreikt wird.
In diesen Fällen haben angestellte Mamas und Papas ebenfalls das Recht, ihr Kind zu Hause zu betreuen. Das ist allerdings nur möglich, wenn es keine Notfallbetreuung oder eine andere Person, zum Beispiel Opa, Tante oder Freundin, gibt, die das Kind betreuen kann. Bedeutet im Klartext: Eltern müssen zunächst versuchen eine alternative Betreuung zu organisieren. Gelingt das nicht, können sie eigenmächtig der Arbeit fernbleiben. §275 BGB sieht vor, dass Arbeitnehmende die Leistungspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber verweigern können, „wenn ihnen die Erbringung dieser Leistung nicht zumutbar ist – etwa, weil sie aufgrund einer Schließung ihr Kind selbst betreuen müssen“, heißt es in einem Artikel des Redaktionsnetzwerkes Deutschland.
Ob die Eltern in diesem Fall weiterhin Lohn gezahlt bekommen, hängt von ihrem Arbeitsvertrag ab. Laut §616 BGB haben Arbeitnehmer zwar ein Recht auf Lohnfortzahlung, wenn sie „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ verhindert sind – normalerweise sind damit die zehn Tage gemeint, die auch in dem Fall greifen, wenn das Kind krank ist. Allerdings kann dieser Paragraf ganz einfach im Arbeits- oder Tarifvertrag ausgehebelt werden, beispielsweise mit einer Formulierung wie „ein Vergütungsanspruch besteht nur für tatsächlich geleistete Arbeit.“ Arbeitnehmende sollten ihren Arbeitsvertrag dahingehend prüfen.
Kurz zusammengefasst
- Eltern, die gesetzlich krankenversichert sind, haben Anspruch auf Kinderkrankentage
- 2023: 30 Tage pro Elternteil bzw. 60 Tage für Alleinerziehende bei einem Kind; Bei mehreren Kinder: max. 65 Tage pro Elternteil bzw. 130 Tage für Alleinerziehende
- Ab 2024 voraussichtlich wieder 10/max. 25 Tage (pro Elternteil) und 20/ max. 50 Tage (Alleinerziehende)
- Kinderkrankengeld wird in der Regel in Höhe von 90 Prozent des entgangenen Nettoverdienstes gezahlt bzw. 70 Prozent des Arbeitseinkommens
- Muss bei der Krankenkasse beantragt werden
- Eltern, die selbstständig oder freiberuflich tätig und freiwillig gesetzlich versichert sind, haben ebenfalls Anspruch auf Kinderkrankengeld
- Neben Kinderkrankentagen gibt es auch die Möglichkeit, auf Initiativen zu setzen, die Betreuerinnen für den Notfall schicken, den eigenen Urlaub zu investieren oder unbezahlt von der Arbeit fernzubleiben
- Letzteres ist auch möglich, wenn die Kita aufgrund von Personalmangel oder Streik schließt