Arbeiten mit Kind oder „Kind und Karriere“ sind neben Themen wie „Work-Life-Balance” seit einigen Jahren ein viel diskutiertes Feld. Spätestens seit Corona wird auch in den Medien vermehrt über mobile Arbeitskonzepte und flexible Arbeitszeiten gesprochen, aber eine simple Lösung gibt es nicht. Selbst wenn es nicht die „große Karriere“ sein soll, sondern einfach nur Arbeiten mit Kind in Teil- oder Vollzeit, ist die Vereinbarkeit nicht einfach. Seit zweieinhalb Jahren mache ich nun diesen Spagat zwischen Familie und Beruf und möchte euch im Folgenden meine Lösungen vorstellen und Tipps geben.
Arbeiten mit Kind – ein gelungener Spagat
Kurz bevor mein erstes Kind auf die Welt kam, nahm ich die Stelle als Geschäftsführerin in unserem Familienunternehmen an. Sowohl die Position zu erreichen, gut auszufüllen und gleichzeitig schwanger zu werden, war sehr mühsam. Ich wollte weder die Verantwortung für das Unternehmen noch für mein Baby in fremde Hände geben, sondern versuchen, beidem gerecht zu werden.
Aus diesem Grund kehrte ich bereits nach dem Mutterschutz (8 Wochen nach der Geburt) in Teilzeit mit 30 Wochenstunden ins Unternehmen zurück. Meinen Sohn nahm ich mit. Schon vor der Geburt richteten wir im Verlagsgebäude ein Kinderzimmer ein mit Bett, Wickeltisch, Stillsessel, Vorhängen etc. Außerdem suchte ich frühzeitig eine Nanny, die den Kleinen dort tagsüber betreuen würde. Zudem befand sich in meinem Büro ein Stubenwagen. Für den Fall, dass mein Sohn mal nicht in seinem Zimmer schlafen wollte, konnte er jederzeit in meiner Nähe sein.
Mir ist natürlich klar, dass es als Geschäftsführerin einfacher ist, solche Maßnahmen durchzuführen und ich hier im eigenen Unternehmen äußerst privilegiert war. Doch es rechnet sich tatsächlich für jedes Unternehmen, ein Kinderzimmer zur Verfügung zu stellen und die Kosten für die Kinderbetreuung ganz oder teilweise zu übernehmen. Denn auch die Personalsuche sowie das Einarbeiten der Nachfolge für die werdende Mutter kosten Geld und sind aufwändig. Das Gleiche gilt, wenn die Mutter nach der Elternzeit zurückkommt und wieder eingearbeitet werden muss. Sprecht euren Vorgesetzten darauf an!
Wie sehen die Arbeitszeiten beim Arbeiten mit Kind aus?
Ich organisierte meine Arbeitszeit so, dass ich in den ersten Lebensmonaten unseres Sohnes (ca. bis zum achten Monat) immer von Montag bis Donnerstag acht Stunden pro Tag arbeitete, um den Freitag frei zu haben. Damit hatte ich an diesem Tag ganz viel Zeit für meinen Sohn und konnte auch an Babykursen teilnehmen, um andere Mütter kennenzulernen.
Als mein Sohn anfing, abends Brei zu essen, änderte ich meine Arbeitszeit und ging früher nach Hause. Die letzte Mahlzeit sollte er daheim bekommen und gleichzeitig hatten wir so zusätzliche Zeit für ein schönes Abendritual mit Spielen und Lesen. Von nun an arbeitete ich also an allen fünf Tagen, aber nur noch 6 Stunden pro Tag.
Mein Mann war fast das ganze erste Lebensjahr unseres Sohnes während der Woche beruflich in einer anderen Stadt gebunden. So musste ich das Arbeiten mit Kind weitestgehend alleine managen.
Der Arbeitsalltag mit Kind
Das Arbeiten mit Kind im Unternehmen sah so aus, dass ich morgens mit der Nanny Termine abstimmte. Wenn ich ein Meeting hatte, das ich nicht ad hoc verlassen konnte, gab es abgepumpte Milch im Fläschchen. Ansonsten schrieb sie mir eine WhatsApp, wenn der Kleine Hunger hatte und ich kam vorbei, um ihn zu stillen.
Die Mittagspause verbrachte ich grundsätzlich immer mit ihm. Als er anfing, auch mittags Brei zu essen, saß er mit mir und dem Rest des Teams am Tisch und aß mit. Als schöner Nebeneffekt sorgte das für Zerstreuung bei allen Beteiligten.
Natürlich gab es auch Tage, an denen es nicht so rund lief. Manchmal wollte er bei der Nanny nicht einschlafen oder einfach in meiner Nähe sein. Dann nahm ich ihn in die Trage und arbeitete so. Er war selbst bei Bewerbungsgesprächen in der Trage schlafend dabei. Als er größer war, saß er auch mal in einem (internen) Meeting am Boden und spielte mit Klötzchen. Es mag sein, dass das für anfängliche Irritation sorgte, aber letztendlich hat er nie gestört – zumindest fiel es mir nicht auf.
Organisation beim Arbeiten mit Kind
Im Nachhinein erfuhr ich, dass einige Kollegen anfangs skeptisch waren, ob dieses Modell des „Bürobabys“ funktionieren würde. Aber auch diese Kollegen teilten mir später mit, dass sie überrascht waren, wie gut das Arbeiten mit Kind funktioniert hat.
Wichtig für einen reibungslosen Ablauf ist hier definitiv die Organisation:
- Das Kinderzimmer sollte so gelegen sein, dass das schreiende oder weinende Baby niemanden stört
- Das Zimmer sollte so ausgestattet sein, dass sich das Kind zuhause fühlt
- Größere Babys brauchen Platz zum Krabbeln & Laufen
Es muss außerdem „Expectation Management“ betrieben werden. Der Job steht natürlich im Mittelpunkt, allerdings wenn das Baby Hunger hat, muss es gestillt werden. So kam es dann natürlich auch mal vor, dass ich ein Meeting unterbrechen musste, weil mein Sohn Hunger hatte. Das muss vorher klar kommuniziert werden. Obwohl es in der Regel absehbar ist, wann das Baby das nächste Mal Hunger bekommt. Entsprechend können Meetings natürlich auch geplant werden.
Aus meiner Sicht lief es im Büro weitestgehend reibungslos und ich konnte meiner Verantwortung gut nachkommen.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Man kann es nur so beschreiben: Es war und ist auch noch immer (nun mit dem zweiten Baby) verdammt anstrengend. Ich habe zum Glück eine sehr hohe Toleranz für Stress. Aber an manchen anstrengenden Tagen und kurzen Nächten kam ich definitiv an meine Grenzen.
Dazu kam natürlich die berufliche Abwesenheit meines Mannes. Bei unserem ersten Kind gab es keine Möglichkeit, sich die Verantwortung für das Kind – zumindest abends – zuhause zu teilen, weil er schlichtweg nicht da war.
Neben der körperlichen Erschöpfung durch zu wenig Schlaf, macht man sich ständig Gedanken um das Wohl und die Entwicklung des Babys – vor allem beim ersten Kind. Durch einen anspruchsvollen Job kommen zusätzlich Themen auf, die einen auch nach Feierabend noch beschäftigen und das Arbeiten mit Kind zusätzlich erschweren.
Immerhin machte mich die Mutterschaft gelassener, vor allem beruflichen Themen gegenüber. Das obligatorische schlechte Gewissen blieb natürlich trotzdem nicht aus – sowohl dem Baby als auch dem Job gegenüber.
Alles in allem muss man das Arbeiten mit Kind wirklich wollen. Beruf und Baby unter einen Hut zu kriegen, bleibt ein Spagat, der ohne einen festen Willen nicht gelingt.
Tipps, um sich das Arbeiten mit Kind leichter zu machen
Um mir das Leben und Arbeiten mit Kind leichter zu machen, traf ich ein paar praktische Entscheidungen und organisierte ein Netzwerk, das mich unterstützte.
Ich selbst aß um 17:00 im Büro zu Abend, um mich dann zuhause auf das Füttern unseres Sohnes und die Zubettgeh-Rituale konzentrieren zu können
Ich organisierte mir für zuhause Unterstützung, die 1x wöchentlich aufräumte und putzte. Wenn ich abends noch etwas erledigen musste, kam eine Freundin und betreute meinen Sohn kurzzeitig.
Wie ist es jetzt mit zwei Kindern?
Immer noch anstrengend, denn zwei Kinder (mit 2,5 Jahren und 6 Monaten) machen noch mehr Arbeit – auch wenn mein Mann derzeit aus dem Home-Office arbeitet.
Hier noch mehr Tipps, um möglichst stressfrei Beruf und Familie zu vereinbaren:
- Teilt die Verantwortlichkeiten klar untereinander auf: Wer ist für Wäschewaschen zuständig? Wer für Kinderarzttermine? Wer für das Einkaufen, Kochen etc. Eine gute Vorlage gibt es bei Laura Fröhlich mit der Steuerboard-Liste
- Holt euch Hilfe: eine Haushaltshilfe kann für Entlastung sorgen, wenn euch die Wäsche- und Geschirrberge über den Kopf wachsen. Vielleicht wohnen aber auch Verwandte in der Nähe, die die Kinder ab und zu betreuen können.
- Vereinfachungen beim Essen: Gibt es in eurem Unternehmen eine Kantine? Vielleicht ist es möglich, Essen für die ganze Familie für abends mit nach Hause zu nehmen? Oder ihr könnt vorkochen bzw. große Mengen kochen und das Gekochte einfrieren für Zeiten, wenn es schnell gehen muss. Habt ihr Eltern oder Freunde, die gerne (zu viel) kochen? Vielleicht habt ihr hier die Möglichkeit, eure Gefriertruhe zu bestücken.
Mein Fazit zum Arbeiten mit Kind
Arbeiten mit Kind/Baby und Beruf zu vereinbaren funktioniert. Es erfordert aber ein offenes Mindset beim Arbeitgeber und ist sehr anstrengend. Wichtig ist, dass ihr euch bewusst werdet, was ihr möchtet (sowohl im Beruf als auch privat) und das offen kommuniziert. Nur so lassen sich Lösungen finden und organisieren.
Mir ist klar, dass mein Modell sicherlich nicht in jedem Unternehmen umsetzbar ist. Aber ich würde mir wünschen, dass mehr Frauen darum kämpfen, ihr Baby mit ins Büro nehmen zu können. Es lassen sich sicherlich Lösungen mit flexiblen Arbeitszeiten finden, damit sich Eltern sowohl beruflich als auch privat verwirklichen können.
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