In den ersten beiden Lebensjahren begleitet besonders ein Thema junge Familien: der Baby- und Kleinkindschlaf. Denn er ist nicht nur ein Teil des Kindes, sondern beeinflusst die ganze Familie. Er bestimmt zeitweise das Familienklima und sorgt streckenweise für Verunsicherung, Verzweiflung oder das Gefühl von Hilflosigkeit.
Wenn wir mal bei uns Erwachsenen schauen, dann wissen wir meist genau, welche Faktoren unseren Schlaf beeinflussen können: Stress, unerfüllte Bedürfnisse, Sorgen oder das Fehlen von Routine und Regelmäßigkeit im Alltag. Nicht anders ist das bei unseren Herzenskindern. Ihr Schlaf wird von ähnlichen Faktoren bestimmt. Er ist meist ein zuverlässiger Parameter, wenn etwas aus dem Lot geraten ist. Und er spiegelt uns im Familienklima recht deutlich wider, wenn unsere Erwartungen an den Baby-/Kinderschlaf nicht stimmig sind.
Der Baby- und Kleinkindschlaf lässt sich aktiv beeinflussen
Wenn du spürst, dass sich in den letzten Wochen neben der Freude über euer Herzenskind eine große Erschöpfung eingeschlichen hat und eure Tage möglicherweise von Müdigkeit, Kraftlosigkeit und Verzweiflung geprägt sind, dann ist genau der richtige Zeitpunkt gekommen, etwas zu verändern. Das Tolle am Baby- und Kleinkindschlaf ist, dass du aktiv werden und ihn verändern kannst. Das Wichtige ist, dass du seine Gesetzmäßigkeiten verstehen lernst. Das bringt dich daneben auch deinem Baby/Kleinkind noch ein Stück näher, denn du lernst seine Bedürfnisse und Möglichkeiten noch besser kennen.
Mythos Babyschlaf
Fangen wir doch gleich damit an. Der Mythos, dass Säuglinge 20 von 24 Stunden am Tag schlafen, hält sich wacker. Dem ist aber nicht so. Der Schlafbedarf in 24 Stunden eines Babys ist höchst individuell und angeboren. Hilfreicher ist es, zu schauen, wann dein Baby nach einer Wachphase eine Schlafpause einlegt. Und die braucht es dringend, um alles Erlebte verdauen zu können. Je älter dein Herzenskind wird, desto länger werden die Wachphasen. Sie dehnen sich von 1,5 Stunden zu Beginn bis auf 3 Stunden am Ende des ersten Lebensjahres aus. Wenn du darauf achtest, dann strukturiert das gleichzeitig euren Alltag, schafft Vorhersehbarkeit und gibt Raum für Rituale. Babys und Kleinkinder fühlen sich am sichersten, wenn Abläufe vorhersehbar und ritualisiert sind. Diese Sicherheit wirkt sich positiv auf den Nachtschlaf aus und vermittelt dem Kind, dass es geborgen ist. Es verschafft ihm Klarheit. Von Geburt an. Genau wie dir.
Neben den Schlafpausen am Tag ist es für ein Baby hilfreich, am Abend rechtschaffend müde zu sein, um rasch einschlafen zu können. Das heißt: abends vor dem Nachtschlaf kein Powernap mehr. Sonst ist der Schlafdruck zu niedrig und dein Baby kann nicht einschlafen.
Der Nachtschlaf von Babys und Kleinkindern
In der Nacht folgt dann der Schlaf einem ganz bestimmten Ablauf: In den ersten 3-4 Stunden nach dem Einschlafen (erste Nachthälfte) tankt dein Baby Energie und schläft „ruhig“. So, wie wir uns den Babyschlaf vorstellen. Selig. In der zweiten Nachthälfte hingegen hat der Schlaf rein gar nichts mehr mit Ruhe zu tun. Im Kopf deines Kindes ist Aktion angesagt, im Körper auch. Alles Erlebte wird verarbeitet. Es wälzt sich, gibt Laute von sich, weint vielleicht auch. Es lernt. Ohne diese motorische Unruhe, den sogenannten Lernschlaf, würde dein Baby in seiner Entwicklung stehenbleiben. Und zum guten Schluss braucht es nach ca. 5 Stunden Lernschlaf noch eine kurze Erholung von einer Stunde tiefem Schlaf am Morgen.
Es ist also völlig normal, dass Kinder nachts zwischen Mitternacht und 5 Uhr in der Früh, und da passen unsere Zyklen leider nicht zusammen, aktiv schlafen und uns als Einschlafbegleiter, Sicherheitschenker und Kuschler brauchen.
Die Schlafdauer und Art des Einschlafens ist sehr individuell
Ach ja, die Art und Weise, wie dein Baby und Kleinkind am Tag und in der Nacht einschläft, ist ebenso wie die Schlafdauer sehr individuell und persönlichkeitsabhängig. Da gibt es Typen von Herzenskindern, die am liebsten beim Kuscheln oder Stillen einschlafen. Das schenkt ihnen die nötige Sicherheit, um sich in den Schlaf und damit einem gewissen Ausgeliefertsein verabschieden zu können. Evolutionär macht das auch total Sinn, denn die Höhlenkinder konnten nur dann sicher überleben, wenn sie nachts während ihrer angreifbarsten Phase nah bei ihren Eltern schliefen. Und sich dabei immer wieder rückversicherten, ob noch alles save ist. Das machen unsere Babys heute noch. Neben der Nahrungsaufnahme, die für das Wachstum notwendig ist, gibt es Rückversicherungszeiten während des Schlafes. Erst wenn ein Herzenskind erlebt, dass immer jemand für es da ist, wenn es nachts keinen Hunger mehr verspürt, wenn all seine Bedürfnisse am Tag erfüllt sind und es in seiner Familie Halt, Klarheit und ebenfalls erfüllte Bedürfnisse erlebt, dann schläft ein Kind nachts durch.
Foto by Pixabay