Törööö. Benjamin, du lieber Elefant, kannst sprechen und bist überall bekannt…. Als Kind habe ich „Benjamin Blümchen“-Kassetten rauf und runter gehört, zwischendurch auch mal „Bibi Blocksberg“ oder ein Märchen. Kassetten sind heute aus den Kinderzimmern verschwunden, doch Hörmedien – Hörbücher, Hörspiele und Lieder – mit den Lieblingsgeschichten und Lieblingshelden stehen beim Nachwuchs nach wie vor hoch im Kurs. Auch die Eltern haben meist wenig gegen den Hörspielkonsum einzuwenden. Zu Recht? Im zweiten Teil unserer Medienserie (Teil 1: Fernsehen) schauen wir uns an, was an Hörmedien so toll ist, welche Regeln bei der Nutzung gelten sollten und ob sie sich auch als Einschlafhilfe eignen.
Was versteht man unter Hörmedien?
Für Kinder gibt es viele Angebote zum Hören. Es gibt Musik und Lieder, eigene Kindersendungen im Radio, Podcasts und natürlich Hörspiele und Hörbücher. Die beiden letzteren unterscheiden sich übrigens in der Art und Weise, wie der Inhalt präsentiert wird. Ein Hörbuch ist eine Geschichte, die von einem Sprecher oder einer Sprecherin vorgelesen beziehungsweise vorgetragen wird. Bei einem Hörspiel handelt es sich hingegen um eine vertonte Geschichte. Meist werden die Rollen von verschiedenen Sprechern und Sprecherinnen gesprochen und es kommen Musik und Geräusche zum Einsatz.
Mit welchen Geräten hören wir Hörmedien?
Kassettenrekorder haben in den meisten Haushalten längst ausgedient, sie sind fast schon ein Fall fürs Museum. CDs und CD-Player sind zwar noch im Gebrauch, ihre Verbreitung dürfte aber in den nächsten Jahren weiter schwinden. Es ist einfach sehr bequem, Musik über das Internet zu streamen oder Geschichten auf digitalen Playern abzuspielen.
Gerade Eltern, die die Bildschirmzeit ihrer Kinder reduzieren wollen, sollten aber auf Tablet oder Smartphone als Abspielmedium verzichten. Denn so gelangen die Geräte häufiger als gewünscht in Kinderhände. Eine Alternative sind Hörspielboxen für Kinder, die oft schon die Kleinsten selbst bedienen können. Am bekanntesten ist hier sicherlich die Toniebox.
Was ist das Tolle an Hörmedien?
Lieder, Hörbücher und Hörspiele sind tolle Alltagsbegleiter. Man kann ihnen eingekuschelt in eine Decke lauschen, lange Autofahrten damit überbrücken, nebenbei malen oder basteln. Manche Kinder tauchen beim Zuhören regelrecht in eine fremde Welt ab.
Das Schöne daran ist: Kinder werden durch Hörmedien vielfältig gefördert. Zumindest meistens (hier kommt es natürlich auf eine gute Auswahl an). Hörmedien regen die Kreativität und Fantasie an. Die Bilder und Gefühle zu den Geschichten entstehen im Kopf, allein durch das Gehörte. Wenn Kinder den Abenteuern ihrer Heldinnen und Helden lauschen, identifizieren sie sich mit ihnen. Sie lernen deren Handlungsmuster kennen, wie Probleme gelöst werden können, freuen sich und leiden gemeinsam mit ihren Lieblingsfiguren. Sie kommen ganz selbstverständlich mit Literatur in Berührung, der Wortschatz erweitert sich, Satzbau und Grammatik werden sicherer.
Durch die Wahl der Musik können Kinder Stimmungen ausleben, sich bewusst entspannen, zur Ruhe kommen. Vor allem aber fördern Hörmedien eine Kompetenz, die heute leider nicht mehr selbstverständlich ist: Kinder lernen, konzentriert zuzuhören. Spätestens in der Schule kommt ihnen das zugute.
Ab welchem Alter sind Hörmedien geeignet?
Experten sagen, dass Kinder ab etwa zwei Jahren einen Mehrwert von Hörmedien haben. Aber natürlich ist jedes Kind anders. Das eine lässt sich mehr, das andere weniger von Medieninhalten beeinflussen. Deshalb gilt auch hier: Alters- und Zeitangaben sind eher eine Orientierungshilfe. Eltern sollten ihren Nachwuchs beobachten: Wie konzentriert verfolgt ein Kind die Handlung? Welche Passagen regen es besonders zum Mitsingen an? Welche Geschichten möchte es immer wieder hören? Wie ist seine Stimmung, wenn das Gerät ausgeschaltet wird? Kann es auch ohne Dauerbeschallung im Hintergrund spielen?
Sollten Eltern auch für Hörmedien Regeln aufstellen?
Wenn es um Bildschirmzeiten geht, ist die Antwort meist klar. Die Zeit vor dem Fernseher oder das Anschauen von Videos auf dem Smartphone sollte begrenzt werden. Aber gilt das auch für Hörspiele oder Hörbücher?
Der bekannte dänische Familientherapeut Jesper Juul sagte dazu:
Hörspiele sind aber in keinerlei Hinsicht mit Fernsehen zu vergleichen. Sie regen das Gehirn dazu an, eigene Bilder zu schaffen, während der Geist darüber nachdenkt.
Trotzdem können bewusste Hör-Pausen sinnvoll sein, auch wenn Eltern es im Vergleich zum Fernsehen sicher etwas lockerer angehen können.
Das Online-Portal kindergesundheit-info.de empfiehlt, dass Kinder unter drei Jahren maximal 30 Minuten mit Hörmedien verbringen sollten. Bei den 3- bis 6-Jährigen sind es 45 Minuten und bei den 6- bis 10-Jährigen eine Stunde.
Wie so oft kommt es auf die Mischung an. Kinder sollten nicht jeden Nachmittag an der Höspielbox kleben. Bewegung und Spiel – am besten draußen – dürfen nicht zu kurz kommen. Es spricht aber überhaupt nichts dagegen, an einem Regentag gemeinsam den Tisch in eine Höhle zu verwandeln und für eine Weile in eine Hörspielwelt abzutauchen.
Hörspiele sollten auch nicht das Vorlesen ersetzen, sondern eher ergänzen. Kinder sitzen in der Regel alleine vor einem Hörspiel. Es fehlen die Nähe und der Austausch mit den Eltern, die das gemeinsame Betrachten von Büchern so wertvoll machen.
Gerade jüngere Kinder sollten auch beim Hören von Hörbüchern und Hörspielen begleitet werden, um zu sehen, wie sie auf die Inhalte reagieren. Können sie der Handlung gut folgen? Sind die Stimmen im Hörspiel deutlich zu unterscheiden? Gibt es Passagen, die Angst machen? Das gemeinsame Hören bietet auch die Möglichkeit, über das Gehörte zu sprechen. Was hat dem Kind besonders gefallen? Was ist am Ende passiert? Welche Geräusche waren zu hören?
Taugen Hörmedien als Einschlafhilfe?
Noch ein Gutenachtkuss, Licht aus und auf Play drücken. Während das Kind seiner Lieblingsgeschichte lauscht und darüber einschlummert, können die Eltern ein paar Handgriffe im Haushalt erledigen oder vielleicht sogar etwas Zeit für sich gewinnen. Es hat also durchaus seinen Reiz, Kinder mit einem Hörbuch einschlafen zu lassen. Aber ist das auch gut?
Tatsächlich gehen die Meinungen, ob Hörmedien als Einschlafhilfe taugen, selbst unter Experten auseinander. Manche lehnen sie kategorisch ab, unter anderem, weil sie die Einschlafdauer verlängern können. Andere sehen auch positive Aspekte. So kann ein Hörspiel Kinder, die Angst vor der Dunkelheit haben, beruhigen und ablenken.
Auf jeden Fall ist es ratsam, eine niedrige Lautstärke zu wählen und eher auf Geschichten zurückzugreifen, die die Kinder bereits kennen. So ist die Gefahr geringer, dass sie vor lauter Spannung nicht einschlafen können. Auch sollte nicht unbedingt jeden Abend ein Hörspiel angestellt werden, sondern man sollte die Gute-Nacht-Rituale abwechseln. An einem Abend wird ein Buch vorgelesen, an einem anderen Abend ein Hörspiel eingeschaltet, einmal einfach noch eine Weile zusammen gekuschelt. So lernen Kinder verschiedene Varianten kennen und brauchen nicht immer exakt das gleiche Setting, um einschlafen zu können.
Wo finden Eltern geeignete Hörmedien?
Die Inhalte sollten natürlich kind- und altersgerecht sein und möglichst keine Werbung enthalten (Tipps hier). Bibliotheken bieten neben Büchern oft auch eine große Auswahl an Tonträgern an. Auch im Internet können Eltern fündig werden. Hier einige ausgewählte Seiten.
Auditorix
Gute Hörbuchproduktionen für Kinder im Alter ab 3 Jahren werden mit dem Auditorix Hörbuchsiegel (jetzt AKI Audiosiegel) ausgezeichnet. Auf der Internetseite werden die prämierten Geschichten vorgestellt.
Ohrka
Das von Eltern ins Leben gerufene Portal Ohrka bietet Kindern ab fünf Jahren einen großen Fundus an kostenlosen Geschichten und Märchen. Gelesen werden sie von Prominenten wie Ange Engelke. Darunter sind Klassiker wie „Das Dschungelbuch“ oder „Die Schatzinsel“. Außerdem gibt es auf der Seite einen Politik-Podcast, in dem Kinder zum Beispiel erfahren, wie die Bundestagswahl funktioniert oder wie ein Gesetz entsteht.
Die Maus zum Hören
Die Lach- und Sachgeschichten mit der Maus gibt es nicht nur im Fernsehen, sondern auch zum Hören. Die Podcast-Folgen dauern jeweils eine Stunde.
Hörspiele im SWR
Der SWR bietet auf seiner Seite kostenlose Hörspiele für Kinder ab sechs Jahren an. Hier findet man zum Beispiel den „Räuber Hotzenplotz“ oder „Die Chroniken von Narnia“.
Kakadu
Deutschlandfunk Kultur bietet mit „Kakadu“ ein eigenes Kinderprogramm mit Reportagen, Podcasts und Hörspielen.
Töne für Kinder
Was macht ein gutes Hörbuch aus? Wo lohnt sich das Zuhören? In der Hörspieldatenbank „Töne für Kinder“ kann man gezielt nach Rezensionen zu einem Titel suchen oder nach Themen und Altersgruppen filtern.
Foto oben: Will Francis/Unsplash