Wir nutzen tagtäglich unser Smartphone sowie andere Devices um Medien zu konsumieren. Schon morgens lesen wir die Nachrichten auf dem Tablet oder Handy, tagsüber läuft die Playlist am Rechner und abends streamen wir Serien. Für Erwachsene gehören Bildschirme zum täglichen Leben dazu. Wie aber verläuft die Mediennutzung bei Kleinkindern? Was aber macht die Mediennutzung mit Kleinkindern? Warum sollte man den Medienkonsum und die sogenannte „Screen-time“ von Kleinkindern regulieren?
Das erste Mal hörte ich vom Kinderarzt „Kein Bildschirm unter 3 Jahren“. Dies entspricht der Empfehlung des Bundesministeriums für Gesundheit sowie zahlreicher Verbände und Organisationen wie dem Berufsverband der Kinder- und Jugendmedizin e.V. oder Stiftung Kind und Jugend.
Doch warum ist das so wichtig? Welche weiteren Empfehlungen und welche Tipps für die Praxis gibt es?
Auswirkungen der Mediennutzung auf die frühkindliche Entwicklung
Der wichtigste Faktor bei übermäßigem Medienkonsum im Kleinkindalter ist, dass diese Kinder zu wenig Zeit mit „analogen“ Entwicklungserfahrungen, also dreidimensionalen, fein- und grobmotorischen sowie sozialen und besonders sozial wechselseitigen Erfahrungen verbringen.
Am besten untersucht sind die Auswirkungen der frühen übermäßigen Mediennutzung auf die Psyche von Kindern. Nachgewiesen ist, dass Fernsehkonsum im Alter von 6-18 Monaten beispielsweise mit Aggressivität zusammenhängt. Weiterhin konnte ein Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum im Alter von 1-2 Jahren und Aufmerksamkeitsstörungen mit im Alter von 7 Jahren nachgewiesen werden.
Die Mediennutzung wirkt sich bei (Klein-) Kindern negativ auf das Ess- und Schlafverhalten aus. Demnach zeigte eine Studie an 1.000 Kindern im Alter von 2-6 Jahren, dass bereits eine Stunde Fernsehkonsum pro Tag zu einer signifikanten Schlafreduktion führt.
(Quelle: Borgestig M, Sandqvist J, Parsons R et al. Eye gaze performance for children with severe physical impairments using gaze-based assistive technology – A longitudinal study. Assist Technol 2016 Summer; 28 (2): 93-102)
Logisch und bedenklich, allerdings nicht klar nachweisbar, sind langfristige Auswirkungen wie Reizüberflutung, sofortige Bedürfnisbefriedigung ohne Anstrengung, Defizite in Kreativ- und Sinnes-Erfahrungen wie zum Beispiel haptischen Erlebnissen.
Nebenbei führt übermäßiger Medienkonsum dazu, dass die Interaktion zwischen Eltern und Kind sinkt und dadurch das Risiko für Konflikte steigt.
Es gibt zwar pädagogisch hochwertige Medienangebote wie die „Sesamstraße“, dennoch muss davon ausgegangen werden, dass vor dem 18. Lebensmonat kein relevanter Informationstransfer über (digitale) Medien stattfindet und auch nach dem 18. Lebensmonat die Mediennutzung, insbesondere deren Dauer, stark durch die Eltern reglementiert werden muss.
Empfehlungen zur Mediennutzung
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. gibt die folgenden Empfehlungen zur Mediennutzung bzw. dem achtsamen Gebrauch von Bildschirmmedien.
Vorbild sein
Wir Erwachsene dienen unseren Kindern als Vorbild. Dementsprechend sollten wir, insbesondere in Anwesenheit unserer Kinder, auf unseren Medienkonsum achten. Technische Geräte sollten wir nur zielorientiert (nicht aus Langeweile) nutzen, den Esstisch zur bildschirmfreien Zone erklären und auch das Einschlafritual ohne Bildschirm gestalten.
Nutzt Bildschirme nicht zu Erziehungsmaßnahmen wie Belohnung, Bestrafung oder Beruhigung.
Aktives Leben
Als Eltern können wir unseren Kindern reale Erfahrungen bieten, indem wir ihnen aufmerksam zuhören, mit ihnen sprechen und ihren Alltag aktiv gestalten (Spielplatz, Spaziergänge, Basteln, Malen etc.).
Wir können unseren Kindern Erfahrungen und Interaktion mit anderen Menschen ermöglichen, sodass sie im echten Leben lernen.
Erste Filmerfahrung begleiten
Schaut die ersten Filme gemeinsam als Familie an. Unterbrecht den Film um Rückfragen eurer Kinder zu beantworten und das Gesehene mit dem Kind zu besprechen.
Sucht altersgerechte Filme aus und überlasst die Fernbedienung nicht euren Kindern.
Mediennutzung in der Praxis
In der Theorie klingt es einfach den Medienkonsum seines Kleinkinds zu regulieren, doch wie sieht es in der Praxis aus?
Bildschirme gehören zu unserem Alltag und gänzlich zu vermeiden, dass unsere Kinder unter drei Jahren doch hin und wieder einen zu Gesicht bekommen, ist schier unmöglich.
Im Interview mit Kinder- und Jugendarzt Dr. med. Özgür Dogan, selbst Vater, geben wir praktische Tipps zur Umsetzung im Alltag!
Quellen und weiterführende Literatur zum Thema: