Frankreich, USA, Australien – in diesen und vielen Ländern gibt es sie, die klassische Vorschule. Hierzulande wurde sie dagegen überwiegend abgeschafft; die Vorschulbildung wird über Kindergärten oder Kitas gewährleistet. Überwiegend deshalb, weil jedes Bundesland in Deutschland andere Regelungen hat und Eltern in einem davon ihre Kinder tatsächlich noch in die Vorschule schicken können. Wir zeigen euch, wie die vorschulische Bildung in den einzelnen Bundesländern funktioniert.
- Die vorschulische Bildung in Deutschland
- Vorschulmodelle in den einzelnen Bundesländern
- Fazit
Die vorschulische Bildung in Deutschland
Um die Kleinen optimal auf die Schule vorzubereiten, bieten Kindergärten und Kitas eine spezielle vorschulische Bildung an. Die Schulpflicht gilt in Deutschland ab einem Alter von sechs Jahren; vorher müssen die Kleinen weder eine Kindertagesstätte oder Ähnliches noch eine Vorschule besuchen.
Allerdings entwickeln Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren wichtige Fähigkeiten, die ihnen den Übergang in die Grundschule erleichtern. Im Kindergarten oder einer entsprechenden Institution wird in dieser Zeit das soziale Verhalten der Kinder gestärkt und Wissen vermittelt; grundlegende Fähigkeiten wie Konzentration und Teamarbeit werden geschult. Eine vorschulische Bildung in einer Kindertageseinrichtung oder eben auch in einer Vorschule ist daher wichtig.
Laut Bildungsmonitor 2024 des Instituts der deutschen Wirtschaft gibt es in Deutschland erfreulicherweise immer mehr Betreuungsangebote für Kinder im Vorschulalter: „Nicht nur die Anzahl der Kindertagesbetreuungsplätze wurde in den letzten Jahren erheblich ausgebaut, sondern auch das ganztägige Betreuungsangebot für Kinder von drei bis sechs Jahren. Während im Jahr 2006 nur 22 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe ganztägig betreut wurden, waren es im Jahr 2023 46,6 Prozent“, heißt es im Bildungsmonitor.
Anders als in anderen Ländern existiert in Deutschland kein einheitliches Vorschulsystem. Jedes Bundesland entscheidet selbst, wie es die frühkindliche Bildung gestaltet und organisiert. Daher gibt es hierzulande eine Vielfalt an Vorschulmodellen, die auf unterschiedlichen Ansätzen basieren – von traditionellen Vorschulen bis hin zu integrativen Konzepten in Kindergärten oder Kitas. Diese Unterschiede haben historische, politische und pädagogische Hintergründe und spiegeln die verschiedenen Prioritäten der Länder in der Bildungspolitik wider.
Viele Eltern fragen sich, welche Vorschulmodelle für das eigene Kind geeignet sind, und wie sie sicherstellen können, dass ihr Kind optimal auf die Schule vorbereitet wird. Wir werfen für euch einen Blick auf die Vorschulmodelle der einzelnen Bundesländer und zeigen Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf.
Vorschulmodelle in den einzelnen Bundesländern
Vorschulische Bildung in den nördlichen Bundesländern
Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein stellen Kindertagesstätten oder Kindergärten die frühkindliche Bildung sicher. Diese legen den Fokus in der Regel auf die Förderung sozialer, motorischer und sprachlicher Fähigkeiten. Besonders die Sprachentwicklung wird in Schleswig-Holstein als zentrale Aufgabe gesehen, da sie als Schlüsselkompetenz für den schulischen Erfolg gilt. In vielen Kitas gibt es spezielle Programme zur Sprachförderung, die gezielt auf Kinder mit Sprachschwierigkeiten oder Migrationshintergrund eingehen.
Ein weiteres Merkmal in Schleswig-Holstein ist die enge Zusammenarbeit zwischen den Kitas und den Grundschulen. Durch gemeinsame Projekte und regelmäßige Besuche in den Schulen wird der Übergang für die Kinder fließend gestaltet. Die Kleinen schnuppern Schulluft und können sich langsam auf die neuen Herausforderungen vorbereiten.
Hamburg
In Hamburg gibt es sie noch – die klassische Vorschule. Sie steht Kindern offen, die im letzten Jahr vor der Einschulung stehen. Die Vorschule soll den Übergang in die Grundschule erleichtern und die Kinder gezielt auf die Anforderungen des Unterrichts vorbereiten. Anders als im Kindergarten wird hier mehr Wert auf schulische Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Mathematik gelegt. Der Unterricht orientiert sich stark an den Lehrplänen der Grundschule, und die Kinder lernen in einem strukturierten Umfeld.
Die Hamburger Vorschulen sind ein freiwilliges Angebot, die Eltern können also entscheiden können, ob sie ihr Kind dort anmelden wollen. Viele Eltern schicken ihre Kleinen auf eine der Vorschulen, da es den Kindern ermöglicht, bereits erste schulische Erfahrungen zu sammeln und sich an den Schulalltag zu gewöhnen. Neben den klassischen Fächern steht auch die soziale Integration im Fokus, um sicherzustellen, dass die Kinder gut auf die Gruppendynamik in der Schule vorbereitet sind.
Niedersachsen
In Niedersachsen existiert kein separates Vorschulsystem. Stattdessen wird – wie fast überall hierzulande – die vorschulische Bildung in Kindergärten und Kitas angeboten. Besonderer Wert wird in Niedersachsen auf die Förderung der individuellen Stärken der Kinder gelegt. Man möchte auf die Situation und die Bedürfnisse jedes Kindes eingehen und den Kleinen die Unterstützung bieten, die sie für einen erfolgreichen Start in die Schule benötigen.
Kindergärten und Co. entwickeln in Zusammenarbeit mit den Schulen spezielle Programme, die sich auf die sprachliche und soziale Entwicklung der Kinder fokussieren.
Bremen
Bremen verfolgt ein ganzheitliches Modell der vorschulischen Bildung. Wie auch in anderen Bundesländern findet die Vorbereitung auf die Schule in Kindergärten und Kitas statt, die eng mit den Grundschulen zusammenarbeiten. Diese Kooperationen sollen den Übergang der Kinder vom Kindergarten in die Schule möglichst nahtlos gestalten und einen Bruch im Bildungsprozess vermeiden. Der Fokus liegt auf einem ausgewogenen Mix aus spielerischer Förderung und gezieltem Lernen. Dabei wird darauf geachtet, dass die Kinder nicht überfordert werden, sondern in ihrem eigenen Tempo lernen können.
Ein besonderes Merkmal des Bremer Modells ist die Förderung von Kreativität und Eigeninitiative. Die Kinder werden dazu ermutigt, selbstständig zu denken und Probleme eigenständig zu lösen. Auch die Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen ist ein fester Bestandteil des Vorschulkonzepts in Bremen.
Vorschulische Bildung in den östlichen Bundesländern
Mecklenburg-Vorpommern
In Mecklenburg-Vorpommern erfüllen Kindergärten und Kitas den Bildungsauftrag des Landes und stellen die vorschulische Bildung sicher. Die Kinder werden in diesen Einrichtungen ganzheitlich gefördert, wobei der Schwerpunkt auf der Sprachentwicklung und mathematischen Grundkenntnissen liegt. Ziel ist es, die Kinder so vorzubereiten, dass sie den Anforderungen der Grundschule gewachsen sind.
In Mecklenburg-Vorpommern legt man großen Wert auf die Zusammenarbeit mit den Eltern. Sie werden aktiv in den Bildungsprozess ihrer Kinder einbezogen und erhalten regelmäßig Informationen über deren Entwicklung. Dadurch wird sichergestellt, dass die Kinder auch zu Hause in ihrer Entwicklung unterstützt werden.
Brandenburg
Auch in Brandenburg gibt es keine klassische Vorschule im traditionellen Sinne. Stattdessen erfolgt die vorschulische Bildung in Kindergärten, die eng mit den Grundschulen zusammenarbeiten. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die sprachliche Entwicklung der Vorschulkinder gelegt. Gezielte Förderprogramme für Kinder, die in diesem Bereich Schwierigkeiten haben, sowie intensive Sprachförderung erleichtern den Kindern den Start in die Schule.
Brandenburg setzt zudem auf ein stark integratives Modell, bei dem Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam gefördert werden. Diese Inklusion ist ein zentraler Bestandteil des Bildungskonzepts und spiegelt die Bemühungen wider, allen Kindern die gleichen Chancen zu bieten.
Berlin
Berlin ist breit aufgestellt, was die vorschulische Bildung betrifft. Auch hier finden Eltern und Kinder keine klassische Vorschule vor, stattdessen konzentriert man sich besonders auf die Kindertagesstätten. Sie bieten ein umfassendes Bildungsangebot, das speziell auf die Bedürfnisse der Kinder ausgerichtet ist. Sprachförderung hat eine hohe Priorität, denn viele Kinder wachsen in mehrsprachigen Haushalten auf. Die Förderung der deutschen Sprache ist daher besonders wichtig.
Auch in Berlin geht die vorschulische Bildung Hand in Hand mit dem Grundschulsystem. Regelmäßig findet ein Austausch zwischen Erziehern und Lehrkräften der Grundschulen statt, um sicherzustellen, dass die Kinder gut auf die Schule vorbereitet sind. Außerdem gibt es in Berlin zahlreiche Programme, die speziell für Kinder mit Migrationshintergrund entwickelt wurden, um ihnen den Übergang in das deutsche Schulsystem zu erleichtern.
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen
In diesen drei Bundesländern ist das Vorschulmodell ähnlich aufgebaut. Hier übernehmen die Kindertagesstätten die vorschulische Bildung, wobei der Fokus auf der ganzheitlichen Förderung der Kinder liegt. Wie in vielen anderen Bundesländern wird auch hier besonderes Augenmerk auf die Sprachentwicklung gelegt, da sie als zentrale Voraussetzung für den schulischen Erfolg angesehen wird.
Sachsen hat zudem spezielle Förderprogramme entwickelt, die auf Kinder mit besonderen Bedürfnissen zugeschnitten sind. Diese Programme zielen darauf ab, allen die gleichen Startchancen zu bieten, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen.
Vorschulische Bildung in den südlichen Bundesländern
Bayern
Bayern setzt ebenfalls auf die vorschulische Bildung im Rahmen der Kindergärten und Kitas. In vielen Einrichtungen werden die Kinder vor dem Jahr ihrer Einschulung in speziellen Gruppen betreut, in denen dann auch schon eine Art Unterricht stattfindet. Zudem existieren sogenannte Vorkurse Deutsch. Diese richten sich an Kinder mit besonderem Förderungsbedarf in der deutschen Sprache.
Auch in Bayern arbeiten Kindergärten und Kitas oftmals eng mit den Grundschulen zusammen. Schnuppertage und sogar spezielle Programme ermöglichen den Kindern der Vorschulgruppen, das baldige Schulleben schon einmal zu erkunden.
Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg gibt es kein separates Vorschulsystem. Die vorschulische Bildung wird in Kindergärten und Kitas angeboten, die eng mit den Grundschulen verzahnt sind. Ein innovativer Ansatz ist das sogenannte „Bildungshaus“, bei dem Kindergarten und Grundschule unter einem Dach zusammenarbeiten. Dieses Modell zielt darauf ab, den Bildungsprozess nahtlos zu gestalten und den Kindern einen kontinuierlichen Übergang von der frühen Bildung in die Grundschule zu ermöglichen.
Bei der vorschulischen Bildung in Baden-Württemberg konzentrieren sich die Erzieher bzw. Lehrkräfte besonders auf naturwissenschaftliche und technische Bildung. Bereits im Vorschulalter werden Kinder spielerisch an Themen wie Mathematik, Naturwissenschaften und Technik herangeführt, um ihre Neugier und ihr Interesse für diese Fächer zu wecken.
Vorschulische Bildung in den westlichen Bundesländern
Hessen
In Hessen wird die vorschulische Bildung in Kindergärten organisiert, die nach speziellen Bildungsplänen arbeiten. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Förderung der Kreativität und der sozialen Fähigkeiten der Kinder gelegt. Auch in Hessen werden die Eltern stark in den Bildungsprozess einbezogen. Sie sind aktiv in den Alltag der Kindergärten eingebunden und werden regelmäßig über den Fortschritt ihrer Kinder informiert.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in Hessen ist die Förderung von interkulturellen Kompetenzen. Viele Kindergärten bieten spezielle Programme an, die Kinder dazu ermutigen, ihre eigenen kulturellen Hintergründe zu erkunden und mehr über andere Kulturen zu lernen.
Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen verfolgt einen kombinierten Ansatz in der Vorschulbildung. Während ein Großteil der vorschulischen Bildung in Kitas und Kindergärten stattfindet, gibt es in manchen Regionen auch Vorschulklassen an Grundschulen. Diese sind besonders für Kinder gedacht, die zusätzliche Unterstützung benötigen, bevor sie ins schulpflichtige Alter kommen und ins reguläre Schulsystem eintreten.
Kinder aus sozial benachteiligten Familien werden besonders gefördert. Hier gibt es spezielle Programme, die darauf abzielen, den Kindern einen guten Start in die Schule zu ermöglichen. Dazu gehört auch eine intensive Sprachförderung, die schon in den letzten Jahren vor der Einschulung beginnt.
Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz setzt auf ein integratives Vorschulmodell, bei dem die vorschulische Bildung hauptsächlich in Kindergärten stattfindet. Das Bundesland fokussiert sich vor allem darauf, Naturwissenschaften und Technik bereits im frühen Kindesalter zu fördern. Viele Kindergärten bieten spezielle Programme an, um das Interesse der Kinder an diesen Bereichen zu wecken und ihre Neugier zu fördern.
Die musikalische Früherziehung spielt in Rheinland-Pfalz ebenfalls eine wichtige Rolle. Viele Kindergärten arbeiten mit Musikpädagogen zusammen, um den Kleinen einen spielerischen Zugang zur Musik zu ermöglichen und ihre kreativen Fähigkeiten zu fördern.
Saarland
Das Vorschulsystem im Saarland ist ähnlich strukturiert wie in Hessen und Rheinland-Pfalz. Die vorschulische Bildung findet in Kindergärten statt, die eng mit den Grundschulen zusammenarbeiten. Ein starker Fokus liegt auf der Förderung von Sprachfähigkeiten und sozialer Integration. Auch hier spielt die Zusammenarbeit mit den Eltern eine wichtige Rolle. Sie werden in den Bildungsprozess ihrer Kinder einbezogen und werden regelmäßig von den Erzieherinnen und Erziehern informiert, damit sie die Entwicklung ihrer Kinder optimal begleiten.
Fazit
Die vorschulische Bildung ist in Deutschland von großer Bedeutung. Obwohl die Bundesländer selbst darüber entscheiden, welche Modelle sie nutzen und auf welche Dinge sie besonderen Wert legen, sind die Gemeinsamkeiten der Bildung von Kindern im Vorschulalter groß. Oftmals wird der Fokus auf die sprachlichen und sozialen Fähigkeiten gelegt, häufig stehen auch naturwissenschaftliche und technische Aspekte im Vordergrund. In 15 von 16 Bundesländern erfolgt die vorschulische Bildung in Kindergärten und Kitas. Nur Hamburg bietet noch klassische Vorschulen an.
Eine noch stärkere Verzahnung von vorschulischer Bildung und Grundschule – wie es einige Bundesländer schon vorleben – sollte im Sinne einer optimalen Bildung der Kinder angedacht werden. Für Eltern ist es aber wichtig zu wissen, dass ihre Kleinen in jedem Bundesland gut auf die aufregende, aber auch herausfordernde Welt der Schule vorbereitet werden.