Die Freude ist groß, wenn bei Kinderwunsch endlich der zweite Strich auf dem Schwangerschaftstest erscheint. Man kann es kaum erwarten, bis der Arzt die Schwangerschaft offiziell feststellt und man zum ersten Mal diesen kleinen, unscheinbaren Fleck auf dem Ultraschall sieht. Die ersten zwölf Wochen sind emotional und hormonell ein Auf und Ab. Der Körper muss sich erst eingrooven. In diese Zeit schleicht sich auch eine große Sorge: Wird mein Kind gesund sein?
Eine Antwort darauf versprechen sich werdende Eltern von der Pränataldiagnostik. Darunter fallen Untersuchungen wie die Nackenfaltenmessung oder der Harmony-Test, mit denen sich Fehlbildungen oder Erkrankungen des ungeborenen Kindes schon in einer frühen Schwangerschaftsphase aufspüren lassen. Hier lest ihr, welche Tests es gibt, was sie kosten und vor allem was sie leisten können und was nicht.
Pränataldiagnostik – keine leichte Entscheidung
Der Wunsch nach einem gesunden Kind ist verständlich. Und die Medizin stellt heute etliche Verfahren zur Verfügung, um schon in den ersten zarten Lebenswochen Fehlbildungen und Erkrankungen zu erkennen. Damit einher geht ein großes ethisches Dilemma. Denn wie gehen Eltern mit dem Ergebnis um? Wie reagieren sie, falls tatsächlich ein genetischer Defekt gefunden wird? In den wenigsten Fällen kann die festgestellte Störung direkt behandelt werden.
Beide Elternteile sollten sich über mögliche Konsequenzen unbedingt Gedanken machen BEVOR sie sich für eine Pränataldiagnostik entscheiden. Und sich im Klaren sein, dass alle Tests nur eine bedingte Aussagekraft haben. Denn nur ein kleiner Teil möglicher Krankheiten und Behinderungen lässt sich bereits vor der Geburt erkennen. Und die Schwere der späteren Beeinträchtigung lässt sich anhand der Testergebnisse meist nicht beurteilen. Bei der Abwägung kann eine professionelle Beratung helfen.
Hilfreich fand ich persönlich neben anderen Beiträgen eine Folge des NDR-Podcasts „Synapsen“: „Und wenn du es weißt?“
Es geht darin unaufgeregt um die ethischen Fragestellungen rund um die Pränataldiagnostik.
Leicht gerät bei dem Thema auch aus dem Blick, dass die große Mehrheit aller Kinder gesund zur Welt kommt. Man sollte die eigentlich schöne Zeit der Schwangerschaft nicht unnötig von diffusen Ängsten überschatten lassen.
Diese Untersuchungen gibt es
Im Folgenden stellen wir euch die wichtigsten nicht-invasiven und invasiven pränataldiagnostischen Untersuchungen vor. Nicht-Invasiv bedeutet, dass nicht in den Körper eingedrungen wird. Für Mutter und Kind besteht bei diesen Untersuchungen kein Risiko.
Herzfehler, Fehlbildungen der Nieren, des zentralen Nervensystems oder des Skeletts werden am häufigsten festgestellt und zum Teil auch beim normalen Ultraschall gefunden. Außerdem können vorab bestimmte Chromosomenstörungen erkannt werden.
Mehr über die allgemeinen Vorsogreuntersuchungen lest ihr in diesem Beitrag.
Die nicht-invasiven Methoden
Nackenfaltenmessung
Bei der Nackenfaltenmessung, auch Nackentransparenzmessung genannt, wird die Dicke der Nackenfalte mit einem Ultraschallgerät ermittelt. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung von Flüssigkeit im hinteren Halsbereich, die grundsätzlich bei allen ungeborenen Kindern auftritt. Ist die Flüssigkeitsansammlung auffällig dick, kann das ein Hinweis auf eine Chromosomenstörung wie Trisomie 21 (Down-Syndrom) oder einen Herzfehler sein – kann, muss aber nicht.
Der Arzt oder die Ärztin liefert anhand des gemessenen Wertes und anderer Daten wie dem Alter der Schwangeren sowie der Schwangerschaftsdauer eine Risikoeinschätzung ab. Es handelt sich also um keine endgültige Diagnose, sondern lediglich um eine statistische Wahrscheinlichkeit. Das Ergebnis 1:1000 steht beispielsweise für ein niedriges Risiko und bedeutet, dass eine von tausend Frauen mit diesem Wert ein Kind mit einer Chromosomenstörung bekommen würde. Weitere Tests können notwendig sein, um das Ergebnis zu verfeinern bzw. zu bestätigen. Diese Herangehensweise ist sinnvoll, weil invasive Untersuchungen – die mit einem gewissen Risiko für das Kind einhergehen – dadurch nur bei einem begründeten Verdacht gemacht werden müssen.
Meist wird die Nackenfaltenmessung nicht allein vorgenommen, sondern ist Bestandteil des Ersttrimester-Screenings.
Ersttrimester-Screening
Das Ersttrimester-Screening ist eine erweiterte Untersuchung der Nackenfaltenmessung. Arzt oder Ärztin untersuchen hierbei auch das Blut der Mutter, genauer das Schwangerschaftshormon ß-hCG und das schwangerschaftsspezifische Eiweiß PAPP-A. Weicht die Konzentration von der statistischen Norm ab, kann das auf eine Störung oder eine Erkrankung hinweisen. Die Blutwerte fließen in die Berechnung des individuellen Risikos mit ein. Das Ergebnis ist damit genauer, als wenn nur die Dicke der Nackenfalte bestimmt wird.
Auch eine frühe Organdiagnostik ist meist Teil des Ersttrimester-Screenings. Die Mediziner suchen nach Auffälligkeiten, die auf eine schwerwiegende Fehlbildung hinweisen. Diese Ultraschalluntersuchung ist wesentlicher feiner als die Basisultraschalls.
Sollte man wissen: Beim Ersttrimester-Screening kommt es leider häufig zu Fehlalarm. „Bei etwa 96 von 100 Frauen mit auffälligem Befund stellt sich in weiteren Untersuchungen heraus, dass das Kind keine Chromosomen-Abweichung hat. Etwa 10 von 100 Chromosomen-Abweichungen erkennt der Test nicht“, schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Wann liegt das Ergebnis vor?
Wurde der Mutter schon im Vorfeld Blut abgenommen, können die Ergebnisse der Untersuchung direkt im Anschluss besprochen werden.
Wann steht das Ersttrimester-Screening an?
Zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche
Was kostet die Nackenfaltenmessung bzw. das Ersttrimester-Screening?
Die Kosten variieren und liegen etwa im Bereich 200 bis 250 Euro. Die meisten Krankenkassen kommen dafür nicht auf.
Genetische Bluttests (NIPT)
Das kryptische NIPT steht für nicht-invasiver Pränataltest. Dabei handelt es sich um eine Blutuntersuchung, bei der nach Hinweisen auf die Trisomien 13, 18 und 21 gesucht wird. Am bekanntesten ist vermutlich der Harmony-Test. Es gibt aber auch vergleichbare Tests anderer Hersteller. Bei einigen Verfahren wird zusätzlich auch nach Abweichungen bei den Geschlechtschromosomen X und Y gesucht, wie sie etwa beim Turner-Syndrom auftreten.
Auch das Geschlecht des ungeborenen Kindes lässt sich nach Wunsch bereits feststellen.
Die Tests erkennen Trisomien nach Herstellerangaben recht gut. Bei Trisomie 21 etwa soll die Erkennungsrate bei über 99 Prozent liegen.
Im Vergleich zum Ersttrimester-Screening liefert der NIPT allerdings weniger Informationen über das ungeborene Kind. Wer aber gezielt eine Trisomie ausschließen will, für den kann der NIPT eine gute Wahl sein.
Wann liegt das Ergebnis vor?
Nach etwa fünf Arbeitstagen
Wann lässt sich der Bluttest durchführen?
Ab der 10. Schwangerschaftswoche
Was kostet der Bluttest?
Je nach Umfang und Anbieter variieren auch hier die Kosten stark. Sie liegen grob zwischen 160 und 450 Euro.
Seit dem 1. Juli 2022 übernehmen Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für den NIPT. Dazu muss eine medizinische Notwendigkeit vorliegen. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine andere Untersuchung Hinweise auf eine Trisomie liefert.
Invasive Verfahren
Liefert einer der nicht-invasiven Tests einen auffälligen Befund, wird zur Bestätigung meist ein invasives Verfahren empfohlen. Die Ergebnisse sind in der Regel sehr zuverlässig.
Chorionzottenbiopsie
Die Chorionzottenbiopsie wird auch Plazenta-Punktion genannt. Dabei sticht eine Hohlnadel durch die Bauchdecke der Frau, um Zellgewebe aus der Plazenta zu entnehmen. Manchmal wird die Probe auch durch die Scheide entnommen. Der Eingriff wird über Ultraschall kontrolliert. Im Labor werden die Zellen des Kindes isoliert und ihr Chromosomensatz analysiert. Neben Trisomien können auch gezielt vererbbare Krankheiten und Stoffwechselerkrankungen aufgespürt werden.
Wann liegt das Ergebnis vor?
Gegenüber der Fruchtwasseruntersuchung (siehe nächster Punkt) hat die Chorionzottenbiopsie den Vorteil, dass sie bereits vier Wochen früher durchführbar ist und erste Ergebnisse oft schon am nächsten Tag vorliegen.
Welche Risiken gibt es?
Die Chorionzottenbiopsie kann zu Wehen oder Abgang von Fruchtwasser führen. Im schlimmsten Fall löst sie eine Fehlgeburt aus. Das betrifft 1 bis 4 von 200 Frauen.
Wann wird die Chorionzottenbiopsie durchgeführt?
Ab der 11. Schwangerschaftswoche
Was kostet die Chorionzottenbiopsie?
In medizinisch begründeten Fällen übernimmt die Krankenkasse die Kosten.
Fruchtwasseruntersuchung
Ähnlich wie bei der Chorionzottenbiopsie wird auch bei der Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) mit einer Hohlnadel durch die Bauchdecke gestochen. Aus der Fruchtblase werden wenige Milliliter Fruchtwasser abgesaugt. Der Eingriff wird über Ultraschall überwacht. Anschließend geht die Probe zur Untersuchung ins Labor.
Neben Chromosomenstörungen können bestimmte Proteine im Fruchtwasser bestimmt werden. Sind die Werte erhöht, kann das auf einen offenen Rücken oder eine nicht geschlossene Bauchwand hindeuten.
Wann liegt das Ergebnis vor?
Ein Teil-Ergebnis kann bereits nach ein bis zwei Tagen vorliegen (FISH-Test). Auf den kompletten Befund müssen werdende Eltern zwei bis drei Wochen warten.
Welche Risiken gibt es?
Die Fruchtwasseruntersuchung kann zu Wehen oder Abgang von Fruchtwasser führen. Im schlimmsten Fall löst sie eine Fehlgeburt aus. Das betrifft 1 von 200 Frauen.
Sehr selten kann das ungeborene Kind bei der Fruchtwasseruntersuchung verletzt werden.
Wann wird die Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt?
Ab der 15. Schwangerschaftswoche
Was kostet die Fruchtwasseruntersuchung?
Bei Auffälligkeiten bei anderen Untersuchungen oder bei Risikoschwangerschaften übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Der schnelle FISH-Test muss jedoch selbst bezahlt werden
Nabelschnurpunktion
Die Nabelschnurpunktion (Cordozentese) wird meist erst nach einer auffälligen Fruchtwasseruntersuchung vorgenommen. Dabei wird mit einer Hohlnadel durch die Bauchdecke bis zur Nabelschnur gestochen. Dort wird eine kleine Menge Blut des ungeborenen Kindes entnommen.
Die Nabelschnurpunktion kann mehrere Informationen liefern. Neben Chromosomenstörungen können beispielsweise auch Blutarmut oder eine Blutgruppenunverträglichkeit festgestellt werden. Auch eine Untersuchung auf eine Stoffwechselstörung oder auf Erkrankungen wie Röteln und Toxoplasmose ist möglich.
Wann liegt das Ergebnis vor?
Die Ergebnisse bekommt man nach ein bis drei Tagen.
Welche Risiken gibt es?
Die Nabelschnurpunktion kann Wehen oder eine Blutung auslösen. Das Fehlgeburtsrisiko ist hoch – 1 bis 3 von 100 Frauen verlieren nach der Untersuchung ihr Kind.
Wann wird die Nabelschnurpunktion durchgeführt?
Ab der 18. Schwangerschaftswoche
Was kostet die Nabelschnurpunktion?
Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen.
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