Paargespräche in der Schwangerschaft fallen nicht immer leicht. Manchmal will sie nicht, manchmal er. Warum das so ist und wie Paargespräche vor der Geburt dennoch gelingen, liest du im Artikel. Du erfährst, was ein Familienleitbild ist, wie ihr es als Paar erstellt und warum es eurer Leben als Familie nachhaltig bereichern wird.
- Paargespräche in der Schwangerschaft – der Countdown läuft
- Zuerst das Gespräch mit mir selbst
- Wie entwickelt ihr eure Vorstellungen und bringt sie zusammen?
- Wie Paargespräche in der Schwangerschaft beginnen
- Kommt in den Austausch, bleibt im Austausch
- Das Wichtigste klären: das Familienleitbild
- Das Familienleitbild als Kompass
- Basis für ein gelingendes Familienleben
- No Drama, please
- Dont‘ be a Vogelstrauß – warum Paargespräche in der Schwangerschaft schwerfallen können
- Leben mit Baby: Themen, über die ihr euch Austauschen solltet
- Das Ziel
- Und wie geht es mit den Paargesprächen nach der Geburt weiter?
- Du sparst Zeit und Energie durch Paargespräche in der Schwangerschaft
- Paargespräche in der Schwangerschaft – Zusammenfassung
Paargespräche in der Schwangerschaft – der Countdown läuft
Ich hätte während der Schwangerschaft gern mit einer Elefantenkuh getauscht. Die darf sich nämlich zwei volle Jahre auf den Nachwuchs vorbereiten. Da meine Schonfrist etwas knapper ausfiel, machte ich mir früh Gedanken um das, was auf mich zukommen würde.
Zuerst das Gespräch mit mir selbst
Die Bücher des Bindungsforschers Karl-Heinz Brisch inspirierten mich, zunächst eine Grundlage zu schaffen, um hier Licht ins Dunkel zu bringen: Wie soll mein, unser Leben mit Kind sein? Ich hinterfragte zuerst meine eigenen Werte. Und ich klärte, woher die eigentlich kommen. Ich machte mir bewusst, wie ich selbst aufgewachsen bin und was ich davon an mein Kind weitergeben will. Und was nicht.
Dieser Prozess allein grenzt schon an ein Studium. Dazu kommt, dass sich Prägungen, Werte und Vorstellungen der Elternteile in Bezug auf Familie und Kindererziehung zwangsläufig unterscheiden.
Wie entwickelt ihr eure Vorstellungen und bringt sie zusammen?
Die meisten Menschen sind diese Art der Reflexion nicht gewohnt. Möglicherweise ist es auch für euch eine Herausforderung, Paargespräche in der Schwangerschaft auf dieser Ebene zu führen. Dennoch: Es lohnt sich. Wichtig ist, dass du deine Hausaufgaben machst, bevor du deine*n Partner*in zu dieser Art von Paargesprächen einlädst.
Wie Paargespräche in der Schwangerschaft beginnen
Du kannst dir sicher sein – auch der andere Elternteil macht sich so ihre oder seine Gedanken. Was dir helfen kann, ins Gespräch zu kommen?
- Schritt: Gehe zunächst in die Selbstreflexion. Wie möchte ich Familie leben und warum? Was ist mir wichtig? Welche Werte vertrete ich?
- Schritt: Erzähle Partner oder Partnerin davon.
- Schritt: Sucht nach einem Zeitpunkt, der für euch beide okay ist und tauscht euch aus. Lade Partner oder Partnerin ein, auch seine / ihre Gedanken zu teilen.
Kommt in den Austausch, bleibt im Austausch
Es ist nicht entscheidend, in wie vielen Punkten ihr übereinstimmt. Es ist wichtig, dass ihr in den Austausch kommt. Werdet euch der Gemeinsamkeiten und Unterschiede bewusst und sprecht Konfliktpotenzial in euren Paargesprächen in der Schwangerschaft an.
TIPP Manchmal braucht es nicht gleich eine Lösung. Wenn ihr euch immer wieder über Konflikte oder Unstimmigkeiten austauscht, lernt ihr einander besser kennen und verstehen. Studien belegen, dass regelmäßiger Austausch unsere Verbindung, Empathie-Fähigkeit und unsere Kooperationsbereitschaft stärkt.
Das Wichtigste klären: das Familienleitbild
Am Ende geht es darum, eine gemeinsame Idee von eurem Familienleben zu entwickeln, eine Familienvision oder Familienleitbild. Darin finden die Sehnsüchte, Wünsche, Vorstellungen und Träume beider Elternteile Platz. Dieses Leitbild ist mehr als die Summe seiner Teile. Es hilft euch später bei vielen Entscheidungen. Ihr wisst, was ihr jeweils benötigt, wovon ihr träumt, was euch wichtig ist und was Kummer bereitet.
Ein Leitbild hält fest, worum es in einer Familie geht, was sie erreichen will und auf welchen Prinzipien sie sich dabei stützen möchte. (Stephen R. Covey)
Familienleitbilder, so Stephen R. Covey, der Autor von „Die 7 Wege zur Effektivität für starke Familien“, sei Teamarbeit und beruhe auf der Vorstellung, dass alles zweimal geschaffen wird – zunächst in Gedanken und dann in der Realität.
Das Familienleitbild als Kompass
Ich finde, er hat recht. Schließlich bauen wir auch kein Haus ohne Plan und wenn wir keine Einkaufszettel schreiben, kommen wir oft mit allem Möglichen nach Hause. Nur nicht mit dem, was wir eigentlich haben wollten. So ähnlich ist es mit unserer Familie: Nur wenn wir genau wissen, wie wir uns fühlen wollen, woran wir glauben und wohin die gemeinsame Reise gehen soll, können wir das Ziel auch erreichen.
Basis für ein gelingendes Familienleben
Die Entwicklung des Familienleitbildes ist nie zu Ende. Während der Paargespräche in der Schwangerschaft legt ihr den Grundstein für ein gelingendes Miteinander. Ihr stärkt euch für die Herausforderungen und Krisen, die auf euch zukommen. Und das werden sie.
TIPP Seid aufrichtig zueinander, findet Prinzipen, nach denen ihr euer Leben ausrichten wollt. Bestimmt danach eure Werte und Ziele. Ändert euer Leitbild, überarbeitet und korrigiert es regelmäßig. Auf diese Weise bleibt ihr im Gespräch und in Kontakt.
No Drama, please
Wenn ihr euch auf einer tieferen Ebene bei Paargesprächen in der Schwangerschaft begegnet, klären sich viele Fragen fast von selbst.
Ich erinnere mich an ein Drama in meinem Freundeskreis. Die zukünftigen Eltern hatten es versäumt, die Namensgebung des Kindes vor Geburt zu klären. Beide, unverheiratet, wollten dem Kind den jeweils eigenen Nachnamen geben. Das Ergebnis: Streit im Wochenbett. Kontaktabbruch. Tränen.
Statt die ersten Stunden mit Baby zu genießen, wurde das Familienzimmer zur Kampfarena. Die Mutter fühlte sich alleingelassen und nicht unterstützt. Der Vater unverstanden und übergangen. In Wirklichkeit ging es nicht um die Namensauswahl. Die beiden hatten versäumt, ihre Positionen noch vor Geburt zu klären. Der Streit am Wochenbett war nur ein Symptom.
Dont‘ be a Vogelstrauß – warum Paargespräche in der Schwangerschaft schwerfallen können
Oft vermeiden Paare Themen, die Konfliktpotenzial enthalten. Es scheint einfacher, den Vogelstrauß zu geben und das Thema wie einen lästigen Eisberg zu umschiffen. Leider rächt sich das oft nach der Geburt des Babys. Mama erkennt fassungslos, dass Papa keine Ahnung hat, was sie als frisch gebackene Mutter benötigt. Und Papa ärgert sich, weil Mama scheinbar zu viel Theater ums weinende Baby macht.
Leben mit Baby: Themen, über die ihr euch Austauschen solltet
Und damit euch solche Überraschungen als Paar weitgehend erspart bleiben, habe ich hier eine Liste mit Fragen zusammengestellt, deren Antworiten für Klarheit zwischen euch sorgen:
Planung rund um die Schwangerschaft und Geburt
1. Bekanntmachung: Wann und wem erzählen wir von der Schwangerschaft?
2. Namenswahl: Welcher Vor- und Nachname soll unser Kind tragen?
3. Geburtsort und -art: Wo und wie möchten wir das Baby zur Welt bringen? Hausgeburt, Geburtshaus oder Krankenhaus? Und warum?
4. Wichtige Werte bei der Geburt: Was ist uns während der Geburt besonders wichtig?
5. Schwangerschaftskurse: Welche Kurse möchten wir während der Schwangerschaft besuchen?
Religiöse und rechtliche Überlegungen
6. Taufe: Soll das Baby getauft werden? Wenn ja, in welchem Glauben und Alter?
7. Sorgerecht: Bei unverheirateten Paaren – wie teilen wir uns das Sorgerecht?
8. Krankenversicherung: Wie soll das Baby krankenversichert werden? Privat über ein Elternteil oder familienversichert?
9. Wahl des Kinderarztes: Dies sollte bald nach der Geburt entschieden werden.
Erste Wochen und Unterstützung
10. Wochenbett: Wie stellen wir uns die Zeit im Wochenbett vor?
11. Unterstützung: Wer kann uns in der ersten Zeit nach der Geburt helfen?
12. Besuchsplanung: Wünschen wir uns in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt Besuch?
13. Selbstversorgung im Wochenbett: Wie organisieren wir die Verpflegung? Wer übernimmt das?
Finanzen und Arbeitsleben
14. Elternzeit: Wer nimmt wann Elternzeit?
15. Arbeitsaufteilung: Wer arbeitet wann und wie viel während der Elternzeit?
16. Finanzielle Regelung: Sind die Finanzen geklärt? Gibt es geplante Ausgleichszahlungen für den hauptsächlich betreuenden Elternteil?
Alltagsorganisation und Ausrüstung
17. Babyausrüstung: Welche Ausstattung benötigen wir? Neu oder gebraucht?
18. Ernährung: Wollen wir stillen und/oder die Flasche geben?
19. Wickeloptionen: Entscheiden zwischen klassischen, abbaubaren, Stoff-Windeln oder windelfrei.
20. Verantwortlichkeiten: Wer übernimmt welche Aufgaben während der Elternzeit?
21. Schlafarrangement: Schlafen im Familienbett, im Beistellbett oder in einem eigenen Kinderbett?
22. Erholung: Wie sorgen beide Elternteile für ausreichend Schlaf und Ruhephasen?
23. Betreuung: Überlegen, ob das Kind zu Hause betreut wird, bei einer Tagesmutter oder in einer Tagesstätte. Rechtzeitig um einen Platz kümmern, um Konflikte zu vermeiden.
TIPP Schreibt euch wichtige und konfliktbehaftete Themen von der Seele, bezieht Stellung und bittet um ein Gespräch. Dabei ist es hilfreich, Paargespräche in der Schwangerschaft nicht mit Themen zu überfrachten. Eines nach dem anderen. Unterstützend dabei: Das Zwiegespräch (jede*r spricht abwechselnd 2 oder 5 Minuten ohne Unterbrechung).
Das Ziel
Bei den Gesprächen geht es am Ende darum, einander wirklich zu verstehen. Wege des Austauschs zu finden, die ihr später auch dem Kind vorleben wollt. Paargespräche in der Schwangerschaft sind ein perfektes Übungsfeld. Sie sparen euch viel Ärger während der Trotz- oder Autonomiephase eures Kindes. Und in jeder anderen Entwicklungsphase.
Und wie geht es mit den Paargesprächen nach der Geburt weiter?
Wenn ihr auch nach der Geburt in intensivem Austausch bleiben möchtet, empfehle ich euch die Familienkonferenz. Manchmal ist es nicht leicht, zwischen Stillen, Wickeln und Beruhigen den Raum für Austausch zu schaffen. Die Familienkonferenz ist ein wunderbares Ritual, das ihr ganz auf eure Bedürfnisse ausrichten könnt. Sie gibt euch einen geschützten Rahmen, den ihr selbst zusammenstellt.
Du sparst Zeit und Energie durch Paargespräche in der Schwangerschaft
Viele Fragen des Alltags ergeben sich erst gar nicht, wenn ihr eure Werte und Vorstellungen abgeglichen habt. Ein Beispiel: Ihr entschließt euch als Paar, bindungsorientiert zu begleiten. Vermutlich werdet ihr direkt zur Tragehilfe greifen, euer Kind nicht schreien lassen und es liebevoll in den Schlaf begleiten. Das sind alles Dinge, über die ihr euch nicht mehr auseinandersetzen müsst. Übrig bleibt nur der schöne Teil – das Aussuchen der Tragehilfe oder die Wahl zwischen Beistell- und Familienbett.
Paargespräche in der Schwangerschaft – Zusammenfassung
Klärung und Abgleich von Werten und Vorstellungen sind viel wichtiger für ein gelingendes Familienleben als der richtige Kinderwagen. Oder die ideologische Diskussion über Beikost. Wenn du auch noch den Mut aufbringst, dir deine Kindheitsmuster anzuschauen, wirst du gestärkt in deine Elternschaft gehen. Eine Illusion kann ich dir nehmen: Paargespräche in der Schwangerschaft sind nur der Auftakt für einen lebenslangen Prozess.
Nehmt euch in Paargesprächen in der Schwangerschaft Zeit, eure Bedürfnisse, Ängste, Erfahrungen und Vorstellungen abzugleichen. So schafft ihr Verbindung, gegenseitiges Vertrauen und Kooperationsbereitschaft. Es ist wissenschaftlich belegt: Menschen wollen von Natur aus kooperieren. Das funktioniert allerdings nur, wenn unsere Bedürfnisse gehört und gesehen werden. Und wenn wir lernen, um Unterstützung zu bitten. Und all das ist der Stoff, aus dem eine gelingende Kindheit erwächst.
Ich wünsche dir und euch viel Mut und Neugier bei euren Paargesprächen in der Schwangerschaft. Ihr werdet beides brauchen, denn Schwangerschaft ist nach der Pubertät der einschneidendste Entwicklungsschritt im Laufe eines Lebens. Und ich finde, dass er unsere ganze Aufmerksamkeit verdient. Und unsere Liebe.
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